Kirchenentwicklung Schaffhausen

«Ernte-Event» in Schaffhausen: Erfolgreiche Projekte der Reformierten

von Carmen Schirm
min
04.12.2023
Von gemeinsamen Lagern, einheitlicher Kleidung und neuen Jugendgottesdiensten: Am «Ernte-Event» werden jedes Jahr Projekte der Reformierten Kirche Schaffhausen vorgestellt, die im Kanton erfolgreich umgesetzt werden. Der Kirchenbote stellt drei davon vor.

Einmal im Jahr findet der «Ernte-Event» der Kantonalkirche Schaffhausen statt. Die Marke «Ernte-Event» steht für erfolgreiche Projekte, die im Kanton Schaffhausen umgesetzt und nun der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Zur Präsentation dieser Projekte waren im November zahlreiche Interessierte und Engagierte aus den Schaffhauser Kirchgemeinden in die Zwingli-Kirche gekommen. «Die Kantonalkirche möchte Wegbereiter und Wegbegleiter sein», eröffnete Kirchenrätin Cornelia Busenhart den Anlass. Dies sei der Führungsgrundsatz der Kirche in allen Belangen. «Die ausgewählten Projekte an diesem Abend sind nur ein kleiner Teil aller Vorhaben, die aktuell im Kanton verfolgt werden», ergänzte Thomas Nohl von der Fachstelle Kirchenentwicklung. Die zahlreichen Zuhörer blieben nach dem Event noch lange sitzen, man tauschte sich aus. Stand am Anfang des Vortrags noch die immer währende Frage im Raum «Was ist Kirche?», zog am Schluss der Veranstaltung einer der Teilnehmer das Fazit: «Das ist Kirche!»

Projekt: Kantonales Konfirmandenlager Konfetti

Seit über 20 Jahren veranstaltet Lukas Huber Konfirmandenlager. Irgendwann bemerkte der Pfarrer der Kirchgemeinde Löhningen-Guntmadingen, dass die Lager an eine Grenze stiessen. «Size matters», nennt er es, die Grösse zähle. «Es gibt eine völlig andere Dynamik, ob wir mit 15 Teenagern aus dem eigenen Dorf in ein Konflager gehen oder ob sich die Teenager aus anderen Kirchgemeinden anschliessen und es 80 oder 120 Teilnehmer gibt.»

 

Kantonales Konfirmandenlager: Mehr Teenies, mehr Spass im Lager. | zvg

Kantonales Konfirmandenlager: Mehr Teenies, mehr Spass im Lager. | zvg

 

2022 besuchte Lukas Huber zum ersten Mal mit den Teenagern seiner Gemeinde und anderer Kirchgemeinden aus dem Klettgau das «Konfestival», das schweizweit ausgeschriebene Konflager des Cevi Basel. Ihm war klar: So etwas wollen wir auch – aber selber verantwortet, «und mit eigenem Programm der Leiterförderung», wie Huber mit Nachdruck festhält. Herausgekommen ist das Projekt «Konfetti»: ein kantonales Konflager, an dem die meisten Klettgauer Kirchgemeinden beteiligt sind. Dazu gehören Beringen, Gächlingen/Neukirch, Hallau, Löhningen-Guntmadingen, Trasadingen, Osterfingen, Wilchingen und – aus dem Reiat – Thayngen-Opfertshofen. Das gemeinsame Konflager soll zum ersten Mal von 13. bis 18. Oktober 2024 durchgeführt werden. Gerechnet wird mit rund 80 Teilnehmenden. Stattfinden wird das Lager im Sportcamp Melchtal im Kanton Obwalden. Für die «Konfetti»-Projektleitung konnte der erfahrene Jugendarbeiter Sebastian Ebi gewonnen werden. Die Stelle wurde durch einen Zuschuss des Zukunftsfonds der Schaffhauser Kantonalkirche ermöglicht. In seinem 20-Prozent-Pensum ist Sebastian Ebi nebst der Leitung des Lagers auch für die Förderung von Nachwuchsleitern unter den Jugendlichen zuständig. Der genaue Ablauf des Camps ist aktuell in Planung. Sicher ist bereits jetzt, dass es diverse Sportangebote geben wird, Workshops wie gemeinsames Kochen, Basteln und Singen sowie einen täglichen geistlichen Input. «Wir werden über Gott, die Bibel und unseren Glauben sprechen», sagt Lukas Huber. Neben dem Konflager ist es ihm ein Anliegen, Jugendliche zu motivieren, sich in der Jugendarbeit zu betätigen. «Es hat sich in der Vergangenheit herausgestellt, dass sich gerade in Konflagern jene Jugendlichen für die Mitarbeit begeistern lassen, an die man sonst nicht herankommt.» Nach dem diesjährigen Konflager begann ein Jugendglaubenskurs mit sechs Teenagern.

 

Kleider für die Junge Kirche Klettgau: Eigenes Design kommt an. | zvg

Kleider für die Junge Kirche Klettgau: Eigenes Design kommt an. | zvg

 

Projekt: Kleider für die Junge Kirche Klettgau

Die Idee stand schon lange im Raum. «Wenn ihr eine einheitliche Kleidung wollt, müsst ihr das eben selbst in die Hand nehmen», hiess es. Und Zoe Werner nahm es in die Hand. «Unser Ziel war es, die Zugehörigkeit zu unserer Kirche zu zeigen und die Zusammengehörigkeit zu fördern», sagt die Mitwirkende der Jungen Kirche Klettgau. So viele junge Menschen seien in verschiedensten Formen bei der Jungen Kirche Klettgau tätig, man erkenne sie nach aussen hin aber nicht. «Indem jeder von uns das gleiche Outfit trägt, können wir uns untereinander vernetzen, wir spüren ein Gemeinschaftsgefühl, man erkennt sich von weitem auf der Strasse.» Und man schafft Sichtbarkeit. «Wenn wir in der Öffentlichkeit darauf angesprochen werden, können wir erklären, was wir machen. Mit unserer gemeinsamen Kleidung zeigen wir eine starke Präsenz der Kirche in der Gemeinschaft.»

Mit so vielen Bestellungen hatten wir gar nicht gerechnet.

Zoe Werner und drei weitere Kolleginnen begannen vergangenes Frühjahr mit dem Projekt «Merchandise». Besonderen Wert legten sie darauf, ein Unternehmen zu finden, das Kleider nachhaltig produziert. Dabei stiessen sie auf die Firma Cantana. Das deutsche Unternehmen erfüllte die hohen Standards der jungen Frauen auf der Suche nach fair gehandeltem nachhaltigen Bio-Produkten. Zudem können bei Cantana die Textilien mit eigenem Design bedruckt werden. Auf den Bestellkatalog kamen fünf Produkte: Pullis, T-Shirts, Jogginghosen, ein Fischerhut und eine Tasche. Alle Kleidungsstücke wurden mit demselben Design versehen: dem Logo der Jungen Kirche Klettgau sowie einem Menschenfischer-Logo. Beim T-Shirt designte man zwei Varianten, eine «wildere», wie Zoe Werner es nennt, und eine einfachere. Mittlerweile haben 40 Personen Kleider bestellt. Die jüngsten sind 16, die ältesten 60 Jahre alt. «Mit so vielen Bestellungen hatten wir gar nicht gerechnet», sagt Zoe Werner. Aufgrund einiger Verzögerungen werden die Kleider erst in ein paar Wochen in der Schweiz eintreffen. Probleme gab es bei der Übertragung der Dateiformate an die Kleiderfirma. Zudem hatte man bei den T-Shirts aus Versehen Auslaufmodelle gewählt und musste das Produkt wechseln. Im Januar 2024 soll es so weit sein: Dann werden die Kleider verteilt. «Die Kleider sollen zelebriert und in einem grösseren Rahmen verteilt werden», erklärt Zoe Werner. Dazu soll ein Fest organisiert werden, an dem die Kleider via Modenschau präsentiert werden. Ein Apéro soll auch andere Menschen dazu animieren vorbeizuschauen. Und in Zukunft? Die meisten der Interessierten seien jetzt ausgestattet. Einige hätten angekreuzt, dass sie sich zu einem späteren Zeitpunkt für neue Kleidung interessieren würden. Zoe Werner schliesst daher nicht aus, zu einem späteren Zeitpunkt neue Bestellungen aufzugeben oder die Kleidung mit einem neuen Design zu versehen.

Projekt: Youth Church

Angefangen hatte alles mit einem Stuhlkreis. Die wenigsten der Jugendlichen, die dort sassen, hatten Lust, nach dem Gottesdienst über geistliche Themen zu sprechen. Also fragte Karin Schmid, Leiterin für Jugendarbeit in Diessenhofen, was den Teenagern Spass bereiten würde. Sie sprachen sich für einen Jugendgottesdienst aus, an dem sich alle beteiligen dürften, Gemeinschaft spüren und ihre Talente entdecken könnten. Mittlerweile wird achtmal im Jahr ein Jugendgottesdienst veranstaltet – mit überwältigendem Erfolg. «Oft sind bis zu 100 Teilnehmende bei den Jugendgottesdiensten», sagt Pfarrer Gottfried Spieth. «Der Jugendgottesdienst ist der bestbesuchte Gottesdienst.» Das sei eine gute Aussenwerbung, sei aber auch gut «nach innen».

Mittlerweile wurde aus dem Jugendgottesdienst ein Gottesdienst für alle Generationen.

Durch kreative Elemente wie Theater, Band und Dekoration haben die Jugendlichen die Möglichkeit, ihre Talente zu entdecken und einzusetzen. «Dabei geht es nicht nur um den Event, sondern auch darum, Spiritualität und Gott zu erleben», sagt Karin Schmid. Alles wird akribisch vorbereitet. An zwei Abenden treffen sich die Schülerinnern und Schüler der siebten bis neunten Klasse. Sie sprechen über die Themen und Inhalte des nächsten Jugendgottesdienstes, die zu einem Theaterstück verarbeitet werden. Karin Schmid schreibt das Drehbuch, das von den Jugendlichen einstudiert und vorgeführt wird. So wurde beispielsweise «Der barmherzige Samariter» in einer modernen Fassung umgesetzt. In einer Band haben die Jugendlichen die Möglichkeit, ein Musikinstrument zu spielen oder selbst zu singen. Passend zum Thema arbeitet ein anderes Team parallel an der Dekoration. Sie malen, kleben und führen gleichzeitig Gespräche. Ein weiteres Team moderiert, stellt Bild- und Videomaterial zusammen, organisiert Spiele und Interviews. Zudem wird gebacken und die Verpflegung nach dem Gottesdienst vorbereitet, der jeweils dienstagabends stattfindet. Zum Anschluss um 20 Uhr gibt es ein gemeinsames Hot-Dog-Essen.

 

Youth Church: Die Jugendgottesdienste nach eigenem Drehbuch locken alle Generationen in die Kirche. | zvg

Youth Church: Die Jugendgottesdienste nach eigenem Drehbuch locken alle Generationen in die Kirche. | zvg

 

«Mittlerweile wurde aus dem Jugendgottesdienst ein Gottesdienst für alle Generationen», sagt Karin Schmid. Da die Jugendlichen ihre Eltern, Grosseltern und Verwandten einladen, nehmen diese teil und sitzen in den hinteren Reihen, während die Jugendlichen vorn Platz nehmen. Auch auf die Primarschüler sprang der Funke über. Für diese werden mittlerweile vier Familiengottesdienste pro Jahr veranstaltet, die Karin Schmid als ordinierte Diakonin, im Thurgau leitet. Und schlussendlich gibt es noch einmal im Monat für Erwachsene den Abendgottesdienst «Generation Church», an dem Jugendliche mit einer Band das Programm mitgestalten. Der Erfolg zog Sponsoren an – zudem einen Grafiker, der so begeistert von dem Projekt war, dass er wieder in die evangelische Kirche eintrat und gratis Flyer erstellte. Seit vier Jahren beteiligt sich die evangelische Kirchgemeinde Basadingen-Schlattingen-Willisdorf an den Jugendgottesdiensten. Vor drei Jahren ist die Kirchgemeinde Schlatt dazugestossen.

 

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