Regeln normieren und schützen

Welche Regeln befolgen Sie?

von Annette Spitzenberg
min
18.09.2024
Sind wohl alle Regeln so fair wie im Sport, wo Fairness oft im Vordergrund steht? Halten sich alle so gerne an Regeln wie in einer Jassrunde, zwei Schwinger oder eine Fussballmannschaft?

Hand aufs Herz: Haben Sie auch schon bei Rotlicht den Fussgängerstreifen überquert? Oder umgekehrt hinter dem Steuerrad geschimpft, wenn ein anderer Verkehrsteilnehmer Sie mit unzulässig hohem Tempo überholte?

Regeln normieren etwas. Im Fall der Verkehrsregeln ordnen sie unsere Fortbewegung und schützen uns vor Unfällen. Doch sie kreieren sofort ein Feld, welches den Gegenpol verlangt, denn überall, wo Regeln sind, werden sie auch übertreten. Anders ausgedrückt: Wo die Polizei ist, gibt es Verbrecher, und wo Verbrecher sind, gibt es die Polizei.

Regelfreiheit ist jedoch keine Lösung, denn ein Leben ohne Regeln ist eine Illusion. Seit es Menschen gibt, haben sie sich darauf verständigt, sich an Ordnungen zu halten. Das gilt übrigens auch für Tiere. Das soziale Zusammenleben verschiedenster Tierarten – selbst von Ameisen und Bienen – gehorcht bestimmten Regeln. Diese sichern nicht nur den Zusammenhalt und das soziale Leben im Innern, sondern dienen auch dem Leben und Überleben einer Art.

Regeln ermöglichen Spass

Regeln leben davon, dass sich die daran Beteiligten auf ihre Gültigkeit verständigen. Stellen wir uns vor, ein Fussballstürmer käme auf die Idee, er möchte auch mit den Händen ein Tor erzielen anstatt nur mit den Füssen und dem Kopf, weil das die Möglichkeiten erweitere. Nicht nur würde jedes Tor sofort aberkannt, sondern er würde als verrückt erklärt und disqualifiziert. Kein Schiedsrichter würde sich auf eine Diskussion darüber einlassen. Die Regeln sind klar, wer Fussball spielt, hält sich daran. Ebenso käme niemand auf die Idee, beim Jassen zu behaupten, anstelle des Trumpf-Puur sei der Trumpf-König die höchste Karte. Wer Sport betreibt oder ein Spiel spielt, hält sich an die Spielregeln. Dass alle dies tun, macht es klar und ermöglicht entsprechend Spass und je nach Sportart oder Spiel Gewinn oder Niederlage. Im Sport sind die Regeln meist fair. Bei Kampf- und Begegnungssportarten wie z.B. dem Schwingen, dienen sie nicht nur dazu, Sieg und Niederlage zu bewerten, sondern auch den Schutz der Wettkampfteilnehmenden zu garantieren.

Die goldene Regel: Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut ihnen auch.

Auge um Auge anstatt siebenfacher Vergeltung

Regeln geben somit eine Orientierung und vermitteln Sicherheit. Kirchgemeinden haben Reglemente, auch die Appenzeller Kantonalkirche ist daran, in verschiedensten Bereichen neue zu erstellen, nach der Annahme der neuen Verfassung.

Bereits im Ersten Testament dienten viele Regeln der Fairness und dem Schutz von Schwächeren. Teilweise wurden vorherige Gesetze gemildert. Anstelle der siebenfachen Vergeltung galt nun Auge um Auge. Jesus hat dem später den gewaltfreien Widerstand entgegengesetzt: «Wer dich auf die rechte Backe schlägt, dem biete auch die linke an». Auch religiös-ethische Regeln können sich ändern, weil andere Zeiten andere Regeln fordern.

Die wichtigste Grundfrage ist jedoch, ob Regeln fair sind und dem Leben dienen. Die sogenannte goldene Regel findet sich in allen Weltreligionen sowie bei Philosophen: «Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut ihnen auch» Mt. 7, 12. Heute sind wir aufgerufen, alle Wesen dieser Erde mitzudenken. Wäre diese Regel wegleitend in Wirtschaft, Politik, Religion und Gesellschaft, wäre sichergestellt, dass das Zusammenleben unter Nationen, Völkern, indigenen Gemeinschaften, Minderheiten, fair und gerecht wäre, frei von Rassismus, Sexismus, Krieg und Religionsverfolgung. Die Wirtschaft würde nicht einige wenige begünstigen, sondern allen dienen und die Erde nicht ausgebeutet. Regeln, die dem Leben und der Fairness dienen, folge ich gerne und setze mich für sie ein, damit auch unsere Enkel eine lebenswerte Erde vorfinden.

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