Das Regelwerk des Schwingerverbandes klärt auf

Schwingen in den Statuten

von Lars Syring
min
01.08.2024
Das Eidgenössische Jubiläums-Schwingfest in Appenzell steht vor der Tür. Viele Menschen sind seit Wochen, Monaten, vielleicht auch Jahren mit der Vorbereitung beschäftigt. Sie haben organisiert und gearbeitet. Jetzt geht es los.

Ich freue mich immer, wenn meine Konfirmanden da ihren Weg gehen und ins Sägemehl steigen. Einige sind schon recht weit gekommen. Um ihre Begeisterung besser verstehen zu können, habe ich mich ein bisschen genauer informiert.

Schwingen seit der Antike

Beim Eidgenössischen Schwingerverband (ESV) habe ich gelesen, dass «das Schwingen etwas ausstrahlt, das unwillkürlich mit urwüchsiger Hirtenkultur und typischer Schweizerart in Verbindung gebracht wird. Hier haben sich Tradition und Sport in idealer Weise vereinigt.» Und dann erklären sie weiter: «Die Wurzeln des Schwingens in der Schweiz sind nicht eindeutig zu datieren. Eine erste Darstellung aus dem 13. Jahrhundert (in der Kathedrale in Lausanne) zeigt bereits die typische Art, Griff zu fassen. Die äussere Form, ein Kleider- und Gürtelringen, rückt das Schwingen aber in die Nähe des Ringens, das in den alten Hochkulturen, etwa in denen Ägyptens, Chinas verbreitet war.»

Auch die patriotische Dimension des Schwingens betont der ESV: «Eine Neubelebung des Schwingens brachte das erste Alphirtenfest zu Unspunnen 1805, zu einer Zeit, in der die Schweiz unter französischer Fremdherrschaft litt. Der Anlass zu diesem Fest war ausdrücklich die Hebung des schweizerischen Nationalbewusstseins.»

Und immerhin finden wir auch noch eine mehr oder weniger versteckte Kapitalismus-Kritik: «Stolz und Selbstbewusstsein sprechen aus einer Weisung des ESV, die kommerzielle Werbung im Zusammenhang mit dem Schwingen strikte untersagt. Damit wird der Verkommerzionalisierung [!] dieser traditionsreichen, aber nicht weniger modernen Sportart bewusst ein Riegel geschoben.» Auch wenn inzwischen vieles möglich geworden ist.

Und der Sieger streicht dem Unterlegenen das Mehl vom Hemd. Damit stellt er dessen Würde wieder her.

Temporäre Arena«

Während ein Fussballfeld dauerhaft in der Landschaft steht, entstehen die Schwingplätze jeweils für die Feste neu. Die Vorgaben sind präzis. Die Kreise bei den eidgenössichen Kranzfesten sind zwei Meter grösser als sonst. Sie haben 14 Meter Durchmesser und sind mit Sägemehl gefüllt. Sägemehlhöhe mindestens 15 cm, gewalzt! Das sind immerhin pro Kreis 35 Kubikmeter Sägemehl!

Und dann treten zwei Gegner in den Ring. Tapfere Männer. Sie «tragen über ihren Kleidern eine kurze, aus Jute gearbeitete Hose. Die beiden Kontrahenten greifen sich nun an dieser Hose und versuchen den Gegner durch das Anbringen von «Schwüngen» auf den Rücken zu zwingen». So wird das Schwingen offiziell erklärt.

Und jetzt noch kurz aus dem „Technischen Regulativ von 2020“, damit wir das dann auch gut beurteilen können. Da heisst es: «Art. 9 Resultate, besondere Bestimmungen, a) Resultate: Ein Gang gilt als entschieden, wenn ein Schwinger mit dem Rücken ganz oder bis Mitte beider Schulterblätter (vom Kopf oder Gesäss, von linker oder rechter Seite her) gleichzeitig den Boden berührt.»

Frauen- und Meitlischwingen

Am meisten fasziniert mich das Ende des Ganges, das in Art. 8 beschrieben wird. Unmittelbar nach dem Ende des Ganges verabschieden sich die Schwinger mit Handschlag. Und der Sieger streicht dem Unterlegenen das Mehl vom Hemd. Damit stellt er dessen Würde wieder her. Eben noch Kontrahenten, jetzt wieder nebeneinander auf dem Weg aus dem Ring. Bereit, für den nächsten Gang. Respekt!

Ach ja – und das ist mehr eine Schluss- als eine Randbemerkung: Ein Jahr nachdem in Innerrhoden erzwungenermassen das Frauenstimmrecht eingeführt worden ist, gibt es seit 1992 auch ein Frauen- und Meitlischwingen.

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