Halloween: verteufeln oder gutheissen?

von Manuel Ditthardt
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01.09.2025
Am 31. Oktober klingelt es wieder an der Haustüre – es ist Halloween. In der Schweiz hat sich das Gruselfest längstens in der Gesellschaft etabliert, vor allem unter Kindern und Jugendlichen. Doch wie geht die Kirche damit um?

Die einen verteufeln es, die anderen feiern mit. Unter Christinnen und Christen ist Halloween ein stark diskutiertes Thema. Während es die einen als heidnischen Brauch betrachten, sehen andere darin keinen grossen Unterschied zur Fasnacht. Wiederum andere sind der Überzeugung, dass Halloween ein christliches Fest sei. Bei solch grossen Meinungsverschiedenheiten innerhalb der christlichen Gemeinschaft ist es für Kirchgemeinden gar nicht so leicht, mit dem Thema umzugehen.

Süssigkeiten und Deko zu verkaufen ist genauso wenig christlich wie der Samichlaus mit den Renntieren an Weihnachten.

 

Woher kommt Halloween eigentlich?

Sonja Pilman, Pfarrerin der Evangelischen Kirchgemeinde Horn, hatte als Kind gar keinen Bezug zu Halloween. Sie habe es damals im Fernsehen gesehen und sich gedacht, das sei eine Art Fasnacht aus den USA. Mit der Zeit habe sie dann verstanden, dass Halloween der Abend vor dem westlich-christlichen Fest Allerheiligen ist. «Es kam früher die Idee auf, dass, wenn man die Zeit des Gedenkens an die Verstorbenen und Heiligen beginnt, die Grenze zwischen dem Diesseits und Jenseits wohl dünner sein müsse als sonst», erklärt Pilman den Ursprung von Halloween. Deshalb hätten die Menschen begonnen, sich gruselig zu verkleiden, um umherirrende Geister zu erschrecken und sich selbst unkenntlich zu machen. Aufgrund dieser Ursprünge versteht Pilman, warum Leute argumentieren, dass Halloween christlich inspiriert sei. Aus ihrer Sicht ist Halloween heutzutage aber vor allem kommerziell angelegt. «Süssigkeiten und Deko zu verkaufen ist genauso wenig christlich wie der Samichlaus mit den Renntieren an Weihnachten», vergleicht die Pfarrerin.

Kinder haben selbstverständlich Spass daran, sich zu verkleiden und Süssigkeiten zu erhalten. Kirchgemeinden sind gefragt, Aufklärungsarbeit zu leisten und den Bezug zum Ursprung von Halloween herzustellen.


Mittelweg finden

Auch Sarah Rieser, Jugendarbeiterin in der Evangelisch-reformierten Kirchgemeinde Gossau-Andwil, hat wenig Bezug zu Halloween: «Es gehört nicht zu meinen Traditionen. » Allerdings sehe sie spannende Aspekte bei einer intensiveren Auseinandersetzung mit dem Thema und dem ursprünglichen Brauch. «So wie Halloween aber heute bei vielen Kindern und Jugendlichen zelebriert wird, geht es nicht um den eigentlichen Brauch», stellt die Jugendarbeiterin fest. Kinder hätten selbstverständlich Spass daran, siczu verkleiden und Süssigkeiten zu erhalten. In erster Linie ist Sarah Rieser wichtig, dass Kirchgemeinden Aufklärungsarbeit leisten und den Bezug zum Ursprung von Halloween herstellen. Bezogen auf die umstrittene Diskussion unter Christinnen und Christen meint sie, es brauche einen Mittelweg: Wenn Kinder beispielsweise bei bekannten Familien klingeln würden, könne das «total okay» sein. Allerdings sollte gemäss Rieser respektiert werden, wenn es Leute gibt, die nicht mitmachen und keine Süssigkeiten geben wollen. Auch sogenannte Halloweenpartys unter Jugendlichen beurteilt Rieser nicht als problematisch. «Was aber meiner Meinung nach nicht geht, ist, wenn andere Personen zu Schaden kommen oder Sachschaden entsteht – zum Beispiel, wenn Eier an die Häuser geworfen werden», betont sie.

Halloween als Chance sehen

Die Aufklärungsarbeit in der Kirchgemeinde steht auch für Sonja Pilman im Vordergrund: «Wenn Jugendliche einer Kirchgemeinde umherziehen und für Süsses klingeln, sollen sie wenigstens verstehen, was dahintersteckt. » Vor einem Jahr hat die Evangelische Kirchgemeinde Horn deshalb einen Halloweenabend am 31. Oktober veranstaltet. Dort seien die Geschichte und Hintergründe von Halloween erklärt worden. Ausserdem habe man herzige Gruselgeschichten erzählt sowie allgemein über die Themen Tod, Seelen und Geister gesprochen. «Für uns war Halloween eine Chance, über diese Themen zu reden», sagt Pilman. Sarah Rieser und ihre Kirchgemeinde lancierten in der Vergangenheit eine Gegenveranstaltung zu Halloween: «HalloWin». Dort habe es viele unterschiedliche Spiele gegeben, bei denen die Jugendlichen etwas gewinnen konnten. Den Abend eingeleitet habe man mit einer Fackelwanderung, welche mit kleinen Inputs zum Thema Halloween geschmückt war.

Über den Tellerrand hinausgeschaut

Sieben Jahre lebte Sonja Pilman in den halloweenbegeisterten USA. Drei davon wirkte sie als Pfarrerin. «Die Kirchgemeinden, in denen ich Mitglied war oder gearbeitet hatte, gingen entspannt mit dem Thema um.» Einige Kirchgemeinden hätten Angebote zu dem Fest gehabt, andere nicht. «In meiner gesamten Zeit in den USA habe ich nie von jemandem gehört, dass Halloween problematisch für die Kirche oder ihre Mitglieder sei. Für die Leute dort gehört es einfach dazu.» In der Schweiz werde das Thema Halloween zwar stärker diskutiert, aber auch hier würden nur wenige die Brücke zu den ursprünglichen Bräuchen schlagen. Gemäss Pilman ist das vielleicht auch gar nicht so schlecht: «Süssigkeiten zu bekommen ist weniger herausfordernd, als die ganze theologisch-religiöse Thematik hinter Halloween durchzudenken.»

 

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