Mein Name ist Eugen

Ein Pfarrer schreibt Schweizer Kultgeschichte

von Nicole Noelle
min
12.09.2025
Vor 70 Jahren erschien Klaus Schädelins «Mein Name ist Eugen» – heute der zweiterfolgreichste Schweizer Kinderbuchklassiker. Der Pfarrer eckte als Vikar an, schuf aber Kultliteratur. Sogar Karl Barth lobte das anfangs verrissene Werk.

Wer hätte das gedacht? Der reformierte Pfarrer Klaus Schädelin (1918–1987) aus Bern wurde nicht wegen seiner Predigten berühmt, sondern vor allem als Autor des Schweizer Kinderbuch-Klassikers «Mein Name ist Eugen». Die Geschichte vom 13-jährigen Lausbub, der mit seinen Freunden Wrigley, Bäschteli und Eduard die Berner Innenstadt unsicher macht, wurde zum Kultbuch – allerdings nicht ohne Umwege.

Vom Schund zum Klassiker

Als das Buch 1955 erschien, war die Aufregung gross. Die Schweizerische Lehrerzeitung warnte im August 1956 unter dem Titel «An der Grenze zu Kitsch und Schund» vor dem verderblichen Einfluss auf die Jugend. Man stelle sich vor: Ein Gottesmann schreibt über ungezogene Kinder, die Streiche aushecken. Das war dann doch etwas gar revolutionär für die brave Schweiz der 1950er-Jahre.

Doch es gab auch prominente Unterstützung. Einer der ersten zahlreichen begeisterten Leser des Buches war Schädelins einstiger Lehrer, der Theologe Karl Barth.

 


Klaus Schädelin | Foto: Wikimedia/
Staatsarchiv Bern, CC BY-SA 4.0

 

Ein Bestseller wider Erwarten

Die Kritiker hatten wohl falsch gelegen. Innerhalb eines Jahrzehnts verkaufte sich das Buch 54'000 Mal und wurde damit zum meistverkauften Schweizer Kinderbuch nach Johanna Spyris Heidi. Heute ist das Werk bei der 34. Auflage (über 250'000 Exemplare) angelangt. Die Geschichte wurde 2005 als Film (mit Beat Schlatter) und 2016 als Musical nacherzählt.

 

«Gott lacht nicht!»

Schon als junger Vikar eckte Schädelin an. Im «Bref»-Magazin erzählte Beat Hugi von einem Radiointerview, in dem Schädelin eine köstliche Anekdote aus seiner Zeit in Attiswil erzählte: « Er meinte, ich laufe zu schnell zur Kanzel. Er forderte mich ultimativ auf, in der Kirche nicht zu laufen, sondern zu schreiten. Ein Pfarrer müsse Ernsthaftigkeit ausstrahlen, denn die frohe Botschaft sei unsagbar ernst. Gott lache nicht!»

Schädelin lachte, als er das erzählte. Offenbar hat er sich wenig aus solchen Ermahnungen gemacht. Vielleicht war genau das, das Geheimnis seines Erfolgs: Wie sein frecher Eugen wollte auch Schädelin nicht brav funktionieren, sondern das Leben mit all seinen Widersprüchen ernst nehmen – und dabei herzhaft lachen dürfen. Dass Gott durchaus lachen kann, bewies der Erfolg seines Buches.

 


Klaus Schädelin, Mein Name ist Eugen, TVZ-Verlag

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