Astrophysiker Ben Moore: Der Weltuntergang kommt
Der französische Arzt und Sterndeuter Nostradamus lebte vor über 500 Jahren. Als Pestarzt soll er viele Kranke geheilt haben. Bekannt ist er heute vor allem für seine nebelhaften Visionen. Mit apokalyptischen Angstszenarien verdiente er viel Geld – doch seine Voraussagen trafen selten ein. Die Sintflut war nur eine biblische Legende, der Halleysche Komet raste 1910 an der Erde vorbei, und auch 2012 ging die Welt nicht unter, wie manche meinten. Im Gegensatz zur Zeit der Renaissance können wir heute das Ende der Welt tatsächlich berechnen. Der Astrophysiker Ben Moore erklärt im Interview, was uns erwartet – und wann.
Herr Moore, irgendwann wird das Ende für die Menschen auf dieser Erde kommen. Wie könnte das aussehen?
Die Erde wird noch etwa während einer Milliarde Jahre bewohnbar sein. Aber die Temperaturen steigen langsam an, weil sich unsere Sonne im Laufe der Zeit weiterentwickelt. In einer Milliarde Jahren wird es auf der Erde kein flüssiges Wasser und keine Atmosphäre mehr geben – bis dahin müssen die Menschen auf einen anderen Planeten umziehen. Die Temperatur der Erde erhöht sich alle 30 Millionen Jahre etwa um ein Grad Celsius. Im Vergleich ist es beachtlich, dass es die Menschen geschafft haben, die Temperatur der Erde im letzten Jahrhundert um ein Grad zu erhöhen – wir sind mit Abstand die grösste Bedrohung für das Leben auf der Erde.
Viele Menschen fürchten kosmische Katastrophen wie explodierende Sterne. Wie gross ist die Gefahr durch eine Supernova wirklich?
Wir können die Wahrscheinlichkeit einer Apokalypse auf der Erde aufgrund kosmischer Ereignisse wie einem vorbeiziehenden Stern oder einer Supernova in der Nähe berechnen. Diese Risiken sind alle gering, und es gibt keinen Grund, warum unsere Nachkommen in Millionen von Jahren nicht mehr auf der Erde leben sollten.
Wie wahrscheinlich ist denn der Ausbruch eines Supervulkans?
Supervulkane werden mit Sicherheit auftreten – insbesondere, wenn in circa 250 Millionen Jahren unsere Kontinente miteinander kollidieren. Die grösste Bedrohung für die Menschheit ist allerdings der Einschlag eines riesigen Asteroiden – es besteht eine 100-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass innerhalb der nächsten 100 Millionen Jahre ein Asteroid von der Grösse desjenigen, der die Dinosaurier ausgelöscht hat, auf der Erde einschlägt. Diese Ereignisse sind unvorhersehbar, aber wir hätten vielleicht die Möglichkeit, die Umlaufbahn eines Asteroiden so zu verändern, dass er die Erde verfehlt.

Ben Moore, geboren 1966 in Grossbritannien, ist seit 2002 Professor für Astrophysik an der Universität Zürich. Seine Forschung konzentriert sich auf den Ursprung und die Entwicklung des Universums sowie die Entstehung von Sternen, Planeten und Galaxien. Einem breiten Publikum ist er als Sachbuchautor bekannt. Sein neuestes Buch «Sternenstaub – Die Geschichte des Universums in 42 nie verliehenen Nobelpreisen» ist bei Kein & Aber erschienen.
Wie sieht die Zukunft der Menschheit aus, wenn die Erde nicht mehr bewohnbar ist?
Ich denke, da müssen wir Science-Fiction zur Hilfe nehmen, um kreative Ideen für die Zukunft der Menschheit zu finden. Nehmen wir zum Beispiel «The Expanse», (eine Serie, die im 24. Jahrhundert spielt). Das Leben der Erde ist zu Ende und einige Menschen leben zwischen Asteroiden oder auf den Monden von Jupiter und Saturn. Oder Isaac Assimovs «Foundation-Trilogie», die die Menschheit in ferner Zukunft beschreibt, welche die gesamte Galaxie besiedelt hat.
Werden wir in Zukunft den Mond kolonisieren und zum Mars reisen?
Es gibt einen Wettlauf um die Rückkehr zum Mond, und ich kann mir vorstellen, dass China diesen gewinnen wird – sie haben ein sorgfältig durchdachtes Weltraumprogramm. Und wer würde nicht gerne eine Nacht in einem Mondhotel mit Blick auf die ganze Erde verbringen! Der Mars ist viel schwieriger zu erreichen. Ich gehe nicht davon aus, dass wir diese Reise in den nächsten 50 Jahren antreten werden.
Wann und wie wird sich unsere Erde in einen roten Riesen verwandeln?
In sieben Milliarden Jahren wird unsere Sonne das Ende ihres Lebens erreichen, wenn ihr der Fusionsbrennstoff in ihrem Kern ausgeht. Der Kern des Sterns zieht sich dann zusammen und setzt Energien frei. Die äussere Region der Sonne dehnt sich aus und verschlingt die Erde. Unser Planet wird wieder zu geschmolzenem Gestein, wie er es schon bei seiner Entstehung war.
Können wir in Zukunft ausserirdisches Leben finden und Kontakt zu ihm aufnehmen?
Davon gehe ich aus. Ich hoffe, dass in den nächsten Jahrzehnten Leben auf anderen Welten entdeckt wird. Aber intelligentes Leben könnte selten sein, und die Galaxie ist riesig – ich halte die Chancen, dass wir solches Leben finden, für gering, aber wenn es da draussen existiert, wird es uns wahrscheinlich zuerst finden.
Das Interview mit Ben Moore wurde schriftlich geführt und aus dem Englischen übersetzt.
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