Beschäftigung für die Hände

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10.03.2020
Der Gemeinnützige Frauen-verein Olten näht in den kommenden Monaten Nesteldecken. Die Decken helfen dementen und betagten Menschen, ihre Hände zu beruhigen und beschäftigen.

Die Finger fahren vorsichtig über den Stoff, bewegen sich entlang den verschiedenen Nähten, fühlen die unterschiedlichen Materialen, aus denen die Nesteldecken zusammengenäht sind: grober Jeansstoff neben bunten Stoffen aus Musterbüchern, glattes Leder neben flauschigem Samt. 

Stolz präsentiert Liselotte Züllig die ersten Prototypen der Nesteldecken. Weitere sollen in den kommenden Monaten entstehen. 13 Frauen treffen sich hier im Vereinslokal des Gemeinnützigen Frauenvereins Olten jeweils einmal in der Woche und nähen die Nesteldecken zusammen. Der Verein schaffte neue Nähmaschinen an, denn «wer richtig arbeiten will, braucht das richtige Material», sagt Liselotte Züllig, Medienverantwortliche des Vereins. Wenn die bunten Patchwork-decken fertig sind, verteilt sie der Frauenverein an die umliegenden Alters- und Pflegeheime und das Kantonsspital Olten. Im April findet eine Vernissage statt, an der die Frauen ihre Lieblings-Nesteldecke vorstellen.  

Nesteldecken werden in der Alters- und Demenzpflege eingesetzt. Während die Erinnerungen bei den Betagten verblassen, nimmt ihr Be-wegungsdrang oftmals zu. Viele Demente zupfen unaufhörlich an ihrer Kleidung oder greifen nach allem, was sie in Reichweite finden. Manchmal reissen sie nach einer Operation die Schläuche oder den Katheder heraus. Damit ihre Hände beschäftigt sind, legt man ihnen die Nesteldecken in den Schoss. Auf ihnen entdecken die Finger immer neue Knöpfe, Reiss-verschlüsse, Schnallen, Bänder, Stofffiguren und Nähte. 

Die Nesteldecken stimulieren die Finger
Gute Erfahrungen mit Nesteldecken machte man im Spital Uster. Dort setzt man die Nesteldecken auf den verschiedenen Abteilungen ein. Die Decken beruhigen die Patienten und aktivieren durch die sensorischen Reize ihre Sinne. Wenn die Patienten über die Decke streichen, stimuliert dies ihre Aufmerksamkeit. «Die Decken müssen haptisch spannend sein», erzählt Liselotte Züllig. «Das Auge ist sekundär, die Farben müssen nicht harmonieren.» Einige der Näherinnen haben einen dementen Elternteil. Sie wissen, was die Krankheit für die Betroffenen und ihre Angehörigen bedeutet. Und sie wollen den Betagten eine Freude bereiten. Das Thema Demenz und Alter bewegt. Liselotte Züllig war überrascht, dass sich so viele Frauen gemeldet haben. Normalerweise liessen sich die Freiwilligen nicht so rasch einspannen. Auch der Aufruf, Material zu spenden, war ein Erfolg. Der Frauenverein wurde mit Stoffen, Knöpfen und anderem überhäuft. Inzwischen haben die Frauen das Material gesichtet, fein säuberlich geordnet und versorgt. «Schreiben Sie unbedingt, dass wir genug Material haben», sagt Liselotte Züllig, «wir sind für den Moment eingedeckt!»

Tilmann Zuber, März 2020

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