Weckruf der alten Dame

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20.10.2020
Wenn eine Brise aufkommt, bimmelt das Glöcklein, der Pfarrer segnet die Gemeinde und eine alte Dame klopft dem schlafenden jungen Mann auf die Schulter: Die neuste Errungenschaft des Lütisburger Windrädliwegs steht in Tufertschwil, zeigt einen Gottesdienst und ist ein ökumenisches Projekt.

«Eigentlich fehlt die Kirche», dachte sich der reformierte Pfarrer Fabian Kuhn auf dem Windrädliweg beim Betrachten der über dreissig Windräder, welche Berufe darstellen. 

Ökumenisches Projekt

Kuhns katholischer Kollege in Lütisburg, Pastoralassistent Michael Steuer, war schnell überzeugt von der Idee, ein Windrad mit Berufen der Kirche zu gestalten; ebenso die Seelsorgeeinheit Unteres Toggenburg und die evangelische Kirchgemeinde Unteres Toggenburg. Sie waren bereit, die Kosten zu teilen. Die Ausführung des Windrads oblag Gusti Arnold. Er nahm sich der Holzbildhauerarbeiten an, während Ruedi Reich sich der Mechanik widmete. Sie erwies sich als Knacknuss, denn nicht nur ist das neue Windrad grösser als die bisherigen und muss zwei Figuren bewegen, sondern auch ein Glöcklein antreiben. 

Gottesdienstszene

Mittlerweile konnte das neue Windrad beim «Rössli» in Tufertschwil montiert und eingeweiht werden. Zu sehen ist ein ökumenischer Gottesdienst: Der katholische Priester und der evangelische Pfarrer stehen am Altar und segnen die Menschen. Ministranten und Sakristan vervollständigen das Gottesdienstpersonal, während im Kirchenschiff die Menschen singen und beten. Nicht alle. Denn weht der Wind, weckt eine ältere Dame den eingeschlafenen Konfirmanden mit einem sanften Schulterklopfen. 

In Wort und Bild

Mag die Szenerie etwas gar klischiert wirken, umso moderner ist die angebrachte Tafel mit den Kirchenberufen und bildet ein Gegengewicht. Der Beruf der Pfarrerin, Mesmerin, Kirchenmusikerin, Religionspädagogin und der Priester sowie der Pastoralassistent sind mit bekannten Gesichtern aus beiden Gemeinden visuell dargestellt. «Es gibt einen Wiedererkennungseffekt», so Kuhn. Die weiteren Kirchenberufe sind aufgelistet und zeigen, dass sich hinter den Begriffen sehr unterschiedliche Aufgaben verbergen. 

1999 wurde der Lütisburger Windrädliweg aus Anlass des Jubiläums «1150 Jahre Rindal-Lütisburg» erstellt. Auf der Strecke Tufertschwil–Winzenberg und auf dem Rundweg Chapf säumen die Windrädli den Weg. Sie werden jeweils über den Winter von Mitte November bis Mitte März abmontiert. Für Kurzentschlossene ist der Themenweg also noch zum Geniessen bereit.

Text | Foto: Katharina Meier – Kirchenbote SG, November 2020

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