Ein Nobody rettet die Welt

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18.11.2019
Ein Grundmuster von Fantasy und Science-Fiction erinnert an Weihnachten. Denn unscheinbare Helden wachsen über sich hinaus. Doch gelingt es ihnen, mit ihrer Macht massvoll umzugehen?

Ewig Winter, aber nie Weihnachten. Davon erzählt der britische Autor C.S. Lewis in seinem epochalen Roman «Der König von Narnia», der nächstes Jahr seinen 70. Geburtstag feiert. Die Geschichte handelt von einem Land namens Narnia, wo Tiere reden, wo Menschen als Mythos betrachtet werden und wo eine Hexe das Land im ewigen Winter gefangen hält, ohne dass je Weihnachten kommt. Vier Kinder aus unserer Welt gelangen durch einen magischen Kleiderschrank nach Narnia. Dort werden ihre Leben verändert, durch die Liebe und Opferbereitschaft des Königlöwen Aslan.

Die Hexe hält das Land im ewigen Winter gefangen, ohne dass je Weihnachten kommt.

Unmögliches wird möglich

Science-Fiction und Fantasy entwerfen Welten, in denen Dinge geschehen, die sonst unmöglich sind. Manche dieser Welten wirken vormodern, wie Mittelerde in der Trilogie «Der Herr der Ringe» des britischen Autors J.R.R. Tolkien. Andere nehmen unsere Welt als Ausgangspunkt. So wird Narnia zuerst von englischen Kindern in den 1940er-Jahren betreten, während Harry Potter, ein britischer Millennial, seine Schuljahre in Hogwarts um die Jahrtausendwende verbringt. Andere Geschichten finden in einer hochtechnologischen Welt statt, wie die Star-Wars-Filme.

Einfache Menschen als Helden
Diese Geschichten verbindet aber mehr als die Vorstellung einer Welt, in der Unmögliches möglich wird. Sie handeln von einfachen Menschen, die am Anfang keine besonderen Fähigkeiten besitzen. Erst im Verlauf der Handlung entdecken sie ihr Potenzial und ihre wahre Bestimmung. Doch dabei merken sie, dass die Kräfte, die sie nutzen, anfällig sind für Missbrauch – auch von ihnen selbst. Die Grundfragen solcher Geschichten sind ähnlich, von Narnia über Star Wars bis Spiderman: Finden diese Helden einen massvollen Umgang mit den eigenen Kräften und den Kräften ihrer Welt? In unserem Zeitalter lässt sich diese Frage auf den Umgang mit neuen Technologien übertragen. Science-Fiction tut dies, indem sie den wissenschaftlichen Fortschritt weiterdenkt.

Laserschwerter und Besen
Die Gattung Fantasy zeigt eine Neigung zu christlichen Themen. Vielleicht, weil die «Urväter» Lewis und Tolkien beide bekennende Christen waren. Aber auch, weil die Gattung sich dazu eignet, über Glaube, Gerechtigkeit, Macht und das Göttliche nachzudenken. Das sind Themen, mit denen auch ich mich als Pfarrer beschäftige. Im realen Leben, auf «unserer» Seite des magischen Kleiderschranks: Was ist Sein und was ist nur Schein? Welche Wahrheiten stecken in den Geschichten – selbst wenn Besen fliegen, Laserschwerter zischen und Bäume reden?

 

Weihnachten kommt
Wenn «Der Aufstieg Skywalkers» am 20. Dezember im Kino erscheint, werde ich mich mit grösstem Vergnügen der Star-Wars-Welt widmen, der Welt von Jedis, Sith und einer ambivalenten Macht. Ich bringe dabei die gleiche Überzeugung mit, die C.S. Lewis schon damals inspirierte, als er Narnia entwarf: So zwiespältig unser Menschenleben auch aussehen mag, Weihnachten wird nie ganz ausbleiben. Diese Hoffnung drücken Menschen immer wieder neu aus. Auch in der Welt von Fantasy und Science-Fiction.

 

Text: Mike Gray, Pfarrer, Winterthur | Foto: zVg   – Kirchenbote SG, Dezember 2019

 

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