Wie viele «Bimbams» sind zulässig?

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17.02.2022
Die Glocken der Basler Kirchen sollen nachts weniger oder gar nicht mehr schlagen. Dies verlangt eine von rund 400 Personen unterzeichnete Petition, die der Basler Grosse Rat an die Regierung überwiesen hat.

Es sind nur noch wenige Basler Kirchen, deren Geläut auch nachts zu hören ist. Jede Viertelstunde schlagen die Glocken des Münsters, der Martinskirche, der Elisabethenkirche, der St.-Jakobskirche und der Clarakirche. Bei der Matthäuskirche dämpft eine technische Vorrichtung den Glockenschlag. Geht es nach dem Willen der 389 Personen, welche die Petition «GlockenNachtruhe – für einen ruhigen Schlaf in Basel» unterzeichnet haben, sollen die Kirchenglocken mehr oder weniger verstummen. Die Petition kommt in zwei Varianten daher. Erster Vorschlag: Zwischen 23 und 7 Uhr dürfen fortan keine Glocken mehr läuten. Zweiter Vorschlag: Im gleichen Zeitraum dürfen keine viertelstündlichen Glockenschläge mehr zu hören sein. Die stündlichen Schläge wären hingegen erlaubt.

Verein pro Münsterplatz ist erzürnt
«Unser Verein ist immer wieder mit der Lärmthematik konfrontiert. Namentlich auf der Pfalz kommt es regelmässig zu teils massiven Störungen der Nachtruhe durch feiernde Menschen mit Lautsprecherboxen», sagt Andreas Lang, Vorstandsmitglied des Vereins pro Münsterplatz. «Als Anwohnerinnen und Anwohner versuchen wir jedoch, dem Bedürfnis der meist jungen Leute nach Freiräumen verständnisvoll zu begegnen.»Obwohl der Verein grundsätzlich einen ruhigen Münsterplatz befürworte, sei ihmbewusst, dass auf dem Münsterplatz nicht nur Boccia-Spiele und Yoga-Kurse stattfinden können. «Zum Münsterplatz gehören auch Veranstaltungen wie Herbstmesse, Fasnacht, Mondfest oder Stadtlauf.» Dass jetzt allerdings stadtweit aufgrund einer Petition nachts die Glockenschläge der Kirchen verboten werden sollen, sei für den Verein Verhältnisblödsinn.

Glockenschläge gehören zur Stadt
In seinem Schreiben an Regierungsrat Kaspar Sutter, Vorsteher des Departements für Wirtschaft, Soziales und Umwelt WSU, drückt der Verein sein Befremden aus, dass die Mehrheit des Grossen Rates damit einverstanden ist, auf dem gesamten Kantonsgebiet ein Verbot des nächtlichen Glockengeläuts einzuführen. Die Petition 429 betreffend «GlockenNachtruhe – für einen ruhigen Schlaf in Basel» gaukle vor, dass damit die Stadt zum ruhigen Dort mutieren würde. «Im Vergleich zu gewissen Pfalz-Partys am Wochenende ist der nächtliche Glockenschlag vernachlässigbar», bemerkt Lang. Irritierend sei, dass gerade jener Teil der Gesellschaft, der Lärmtoleranz einfordert, nun ausgerechnet die Kirchenglocken ins Visier nimmt. Es gebe Menschen – durchaus unabhängig von ihrer konfessionellen Ausrichtung –, welche die nächtlichen Stundenschläge der Basler Kirchen als beruhigend, sanft und stimmungsvoll empfinden. «Auch Glockenschläge gehören zu einer vielstimmigen, multikulturellen Stadt», ist Andreas Lang überzeugt.

Auslöschung einer Tradition
Dass bei einer Wohnungssuche neben vielen anderen Faktoren auch die allfällige Nachbarschaft einer Kirche berücksichtigt werden müsse, erscheint dem Verein natürlich und zumutbar. Hinzu komme bei allen Betroffenen der Gewöhnungseffekt als entlastender Faktor. «Der Verein pro Münsterplatz wehrt sich entschieden dagegen, dass eine von wenigen hundert Personen unterschriebene Petition zur voreiligen, kaum diskutierten und insofern auch demokratiepolitisch fragwürdigen Auslöschung einer Tradition führt, die das Wesen der Stadt Basel seit Jahrhunderten prägt», unterstreicht Lang im Gespräch. Rein lärmrechtlich gesehen, gibt es gemäss Abteilung Lärmschutz des Departements WSU für Glockengeläut keine Grenzwerte.

Lukas Kundert, Kirchenratspräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt, äussert sich zur Petition gelassen. Auf Anfrage sagt er: «Beim Stunden- und Viertelstundenschlag handelt es sich um so genanntes «weltliches» Geläut, über das allein der Staat entscheidet. Es betrifft also die Kirchen nur indirekt.» Der Staat werde zwischen zwei Gütern abwägen müssen: der Nachtruhe und der Bedeutung des Stundenschlags als akustische Heimat.

Ein Thema, das bewegt
Auf den Entscheid des Kantons wird man noch etwas warten müssen. Yvette Harder, Generalsekretärin im Finanzdepartement, das bei diesem Geschäft seitens Verwaltung neu im Lead ist, erklärt zum aktuellen Stand der Dinge: «Die Antwort der Regierung ans Parlament ist noch hängig. Da es sich um ein emotionales Thema handelt, das die Bevölkerung bewegt, sind wir derzeit an weiteren Abklärungen.»

Toni Schürmann, kirchenbote-online

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