Zertifikatspflicht oder Beschränkung der Besucherzahl

min
21.09.2021
Seit letzter Woche gelten die neuen Zertifikat-Regeln. Auch für die Kirchen. Das macht den Alltag in den Kirchgemeinden und die Umsetzung für die Gottesdienste nicht einfacher.

Seit kurzem müssen Personen ab 16 Jahren in Restaurants und Hotels ein Covid-Zertifikat vorweisen. Die Pflicht gilt auch für Freizeit-, Sport- und Unterhaltungsbetriebe. Ausgenommen davon sind Gottesdienste mit weniger als 50 Besucherinnen und Besuchern. Es müssen jedoch die Schutzmassnahmen eingehalten werden. Kommen mehr Leute, gilt die Zertifikats- und Ausweispflicht.

Probleme bei Abdankungen
In einer gemeinsamen Medienmitteilung erklärten die Evangelische Kirche Schweiz EKS und die Bischofskonferenz, dass sie die Zertifikatspflicht mittragen. Die Kirchen seien gewillt, ihren Beitrag zur Eindämmung der Pandemie zu leisten. Die Landeskirchen kritisieren hingegen, dass Abdankungen nicht generell von einer Zertifikatsplicht ausgenommen sind und wie Gottesdienste behandelt werden. Bei grossen Beerdigungen müssen einige der Trauergäste weiterhin draussen bleiben.

Mehr kleine Gottesdienste
Die EKS empfiehlt den Kirchgemeinden möglichst kleine Gottesdienste zu feiern, um die Beschränkung auf 50 Personen einzuhalten. Im Kanton Schaffhausen bemühe man sich darum, bestätigt Doris Brodbeck. «Die Kirchgemeinden führen mehrere Gottesdienste durch oder sie übertragen die Feier in zusätzliche Räumlichkeiten. Und dort, wo Zertifikate nötig sind, werden die Besucher ohne Zertifikat auf die Gottesdienste in umliegenden Kirchgemeinden verwiesen.»

Doch die Umsetzung der neuen Verordnungen erweist sich als schwierig. «Denn entweder schliesst die Beschränkung der Gottesdienstbesucher die Überzähligen aus oder die Zertifikatspflicht jene, die über keines verfügen», sagt Matthias Zehnder, Kommunikationsverantwortlicher der Kirche Basel-Stadt. Bei der Kontrolle am Eingang der Kirchen erwartet Zehnder keine Probleme. Schon heute führe diese der Sigrist oder der Empfang im Basler Münster unspektakulär durch. Denn die touristische Nutzung des Münsters ist zertifikatspflichtig.

Essen nur mit Zertifikat
Mehr Probleme erwartet Matthias Zehnder im alltäglichen Gemeindeleben. So ist der Altersnachmittag zertifikatspflichtig. Das gilt auch für Konzerte, den Gemeindebazar oder den «Alterszmittag», bei dem man wie im Restaurant das Zertifikat vorzeigen muss. Kompliziert wird es, wenn Freiwillige im Einsatz sind, sagt Stephanie Krieger, Mediensprecherin der Baselbieter Kirche. Als Beispiel führt sie den «Mittagstisch» an. «Die Freiwilligen müssen ein Zertifikat vorweisen, nicht aber die von der Kirche angestellten Pfarrer, Sigriste oder Sozialdiakone.» Entsprechend gross ist das Unverständnis in den Kirchgemeinden. Zurzeit berät Krieger etliche von ihnen bei der Umsetzung der neuen Regeln.

«Regeln werden sich einspielen»
Die Gottesdienste von Horw sind seit Jahren gut besucht. Das Erfassen der Kontaktdaten sei nichts Neues, erklärt Pfarrer Jonas Oesch. Auf einem Anmeldeformular auf der Homepage oder im Sekretariat kann man seine Kontaktdaten hinterlassen. «Die Gemeinde hat sich daran gewöhnt und glücklicherweise mussten wir bisher niemanden nach Hause schicken. Die aktuelle Herausforderung sei nicht das Vorweisen von Zertifikat und Ausweis, sondern die Tatsache, dass nun bei jedem Gottesdienst im Vorfeld entschieden werden muss, ob dieser mit oder ohne Zertifikatspflicht durchgeführt werden soll.

Matthias Zehnder ist trotzdem zuversichtlich: «Da die Regeln ja überall gelten und die meisten Kirchgänger geimpft sind, werden sich die neuen Verordnungen bald einspielen.»

Tilmann Zuber, kirchenbote-online

Unsere Empfehlungen

Das Ende des Abendmahlstreits

Das Ende des Abendmahlstreits

1973 schrieben die protestantischen Kirchen Europas im Kanton Baselland Kirchengeschichte. Sie beschlossen Kirchengemeinschaft. Dies vereinfacht seither vieles zwischen den Reformierten, Lutheranern und Unierten. Manche Themen sind nach wie vor umstritten.