Offenes Ohr für die Schwächsten

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24.08.2021
Seit 1995 kümmert sich die Arbeitsgruppe für Asylsuchende Thurgau (Agathu) um die Integration von Flüchtlingen. In den letzten Jahren ist die Arbeit noch anspruchsvoller geworden.

«Wenn man sich in der Kirche engagiert, welche sich auf Jesus beruft, liegt der Einsatz für die Schwächsten nahe», sagt Karl Kohli aus Kreuzlingen. Seit elf Jahren ist er Präsident von Agathu und er war bereits 1995 bei der Vereinsgründung dabei. Er erinnert sich an die Zeit zurück, als der Bund 1988 das Empfangszentrum für Asylsuchende in Kreuzlingen eröffnete. «Empfangen hat man die Flüchtlinge nicht sehr freundlich – weder das Sicherheitspersonal im Empfangszentrum noch die Bevölkerung », sagt Karl Kohli. «Vor Angst, sonst noch mehr anzuziehen, wollte man nicht zu freundlich sein.» Als Einzelperson habe man dagegen nicht viel ausrichten können. 1994 wurde deshalb der Verein «Fremde und Wir» gegründet und 1995, auf Initiative von Pfarrer Paul Rutishauser, der Verein Agathu.

In 26 Jahren viel erreicht
1996 nahmen Seelsorgende ihre Arbeit in der Empfangsstelle auf und mit dem 1998 eröffneten Kaffeetreff schuf der Verein für die Flüchtlinge einen Ort, an dem sie sich willkommen fühlen. Weitere Projekte wurden gestartet: Lernwerkstatt, Nähcafé, Sprachcafé, kreatives Malen, Integration dank Arbeit, und vieles mehr. Rund 100 freiwillige Helferinnen und Helfer stehen im Einsatz. Finanziell unterstützt wird der Verein von der Evangelischen Landeskirche Thurgau, von Kirchen, vom Bund, der Stadt Kreuzlingen, von Stiftungen, Service-Clubs und Privatpersonen. 2014 hat Agathu den Prix Kreuzlingen erhalten.

Aufgaben neu ausgerichtet
Seit dem 1. März 2019 ist das Empfangszentrum in Kreuzlingen ein Ausreisezentrum. Es werden dort nur noch abgewiesene Flüchtlinge untergebracht – heute gut betreut von den Mitarbeitenden des Ausreisezentrums. Ist damit der Verein Agathu überflüssig geworden? «Nein», sagt Karl Kohli. «Zu uns kommen weiterhin Geflüchtete aus den Gemeinden. Unsere Arbeit wurde allerdings anspruchsvoller. Im Ausreisezentrum herrscht Hoffnungslosigkeit: bei den Menschen, die ausgeschafft werden und bei jenen, die aus politischen Gründen nicht ausgeschafft werden können, jahrelang von der Nothilfe leben und nicht arbeiten dürfen. Wir hören sehr viele traurige Geschichten.» Dazu kam auch noch die Coronapandemie. Agathu musste die Angebote teilweise einstellen. Dies und das 25-Jahr- Jubiläum gaben Anlass, Arbeit und Aufgabe von Agathu zu überdenken. «Unsere Angebote stehen nun zusehends auch für Migrantinnen und Migranten ausserhalb des Asylwesens offen.»

Weitere Infos: www.agathu.ch

 

(Barbara Hettich)

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