Wie klingt Religion?

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29.10.2020
Im November findet die «Woche der Religionen» statt. David Atwood erklärt, warum es diesen Anlass braucht und was er am Thema «Musik und Religion» spannend findet.

Herr Atwood, immer mehr Menschen wenden sich von den offiziellen Religionsgemeinschaften ab. Ist Religion ein Auslaufmodell?
Es stimmt zwar, dass heute in Basel-Stadt nur noch rund ein Drittel der Bevölkerung Mitglied einer Religionsgemeinschaft ist. Die Menschen interessieren sich hingegen zunehmend für das Thema Spiritualität. Ausserdem sind im Laufe der Jahre viele neue Bewegungen entstanden. Das Feld der Religionen hat sich regelrecht diversifiziert. Die religiöse Landschaft ist vielfältiger geworden, verkörpert aber nach wie vor einen wichtigen Teil des gesellschaftlichen Zusammenlebens.

Warum braucht es die «Woche der Religionen»?
Abgesehen von den Skandalen, die es jeweils leicht in die Zeitungsspalten schaffen, kommt Religion in den Medien kaum vor. Die «Woche der Religionen» bietet die Chance, Aspekte zu thematisieren, welche die Vielfalt der Religionslandschaft aufzeigen und das Interesse der Medien auf fachlicher Ebene wecken. Das Wissen über die Religionen hat mit dem Exodus aus den grossen Religionsgemeinschaften ja nicht zugenommen.

Hat Religion in den Medien ein Aufmerksamkeitsdefizit?
Ja, insbesondere wenn es um substanzielle Inhalte geht. Dass es Meldungen in die Medien schaffen, die Schlagzeilen liefern, liegt zwar in der Natur der Sache, ist aber schade. Wir müssen dafür sorgen, dass nicht nur die Skandale, sondern vermehrt Sachwissen zum Thema Religion Eingang in die öffentliche Debatte finden. Die Aufmerksamkeit der Medienschaffenden gewinnen wir, indem wir brisante und relevante Fragestellungen lancieren. So diskutieren wir im Rahmen der diesjährigen «Woche der Religionen» die Frage, wie sehr Rapperinnen und Rapper – als eine neue Form von Pfarrpersonen – in ihren Musiktexten provozieren und beleidigen dürfen, wo die Grenze der freien Meinungsäusserung liegt und ob die Hip-Hop-Kultur für die Auswirkungen ihrer Texte verantwortlich ist.

Reicht eine Woche, um Religionswissen in die Köpfe zu bekommen?
Nein, natürlich nicht. Deshalb haben wir Formate entwickelt, damit das Thema Religion auch in den restlichen 51 Wochen präsent bleibt. Im Rahmen der neuen Veranstaltungsreihe «Debatte: Religion, Staat, Öffentlichkeit» diskutieren wir beispielsweise über die Bestattungskultur oder die Verschwörungsmythen. Wir machen die Erfahrung, dass vor allem kontroverse Themen bei den Leuten auf Interesse stossen.

Wer besucht die Anlässe?
Es gibt ein Stammpublikum, das gerne dabei ist. Aber selbstverständlich möchten wir auch neue und jüngere Leute in unseren Veranstaltungen begrüssen.

Welches sind aus Ihrer Sicht die diesjährigen Highlights?
Sicher der Eröffnungsanlass am Montag, 9. November, unter dem Titel «Wie klingt Deine Religion?». Musik spielt nicht nur in den Religionen eine wichtige Rolle, sondern ist mittlerweile selbst zu einem Objekt der Verehrung geworden. Die «Anbetung» musikalischer Idole zeugt davon. Besonders freue ich mich auf das Konzert «The Armed Man – A Mass for Peace» des walisischen Komponisten Karl Jenkins, welches als Schlussakt der «Woche der Religionen» aufgeführt wird. Vom Gehalt des generationenübergreifenden Projekts kann man sich am Sonntag, 15. November, um 17 Uhr in der Theodorskirche überzeugen.

Interview: Toni Schürmann

Aufgrund der herrschenden Corona-Situation ist die Woche der Religionen in Basel abgesagt.

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