Gesetzgebung einmal anders

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29.10.2020
Die Luzerner Landeskirche möchte im Vorfeld der Erarbeitung der neuen Kirchenordnung, dass die Menschen darauf Einfluss nehmen. Wünsche und Ideen sollen eingeholt werden, was Kirche heutzutage leisten soll.

Die Landeskirche beschreitet neue, innovative Wege. Unlängst wurde beschlossen, am 27. Februar 2021 eine öffentliche Grossgruppenkonferenz durchzuführen. «Wir wollen möglichst viele Menschen in den Mitgestaltungsprozess für die Zukunft mit einbeziehen», erklärt Lilian Bachmann, Synodalrätin Department Recht.

Anlass ist die Revision der Kirchenordnung. Der aktuelle Erlass, der bereits zwanzig Jahre alt ist, soll revidiert werden. Vor fünf Jahren wurde die Arbeit dafür aufgenommen. Bereits abgeschlossen ist das neue Personalgesetz, Organisationsgesetz und das Finanzhaushaltsgesetz. Nun ist die Kirchenordnung dran, die das kirchliche Leben neu regeln soll.

Herzstück des Zusammenlebens
Initiiert wurde dieser Prozess von der kürzlich verstorbenen Synodalratspräsidentin Ursula Stämmer. Für sie war die Kirchenordnung von zentraler Bedeutung, bezeichnete sie diese doch als das «Herzstück unseres Zusammenlebens».

Alle Interessierten dürfen sich an der elektronischen Grossgruppenkonferenz anmelden und beteiligen. «Der Landeskirche ist es ein grosses Anliegen, den Dialog innerkirchlich und auch öffentlich zu führen, was die Kirche leisten soll», so Lilian Bachmann. «Je breiter und durchmischter wir gesellschaftlich an der Grossgruppenkonferenz miteinander diskutieren, umso mehr erfahren wir über die Bedürfnisse, Vorstellungen sowie Wünsche, was Kirche leisten soll.» Primär angesprochen seien Reformierte, aber auch Vertreter aus Wirtschaft, Politik, Kultur und Sport seien eingeladen, mit zu diskutieren.

Beteiligung via Zoom
Aufgrund der Corona-Virus-Schutzmassnahmen findet die Grossgruppenkonferenz nicht physisch, sondern via Zoom statt, organisiert von der Firma Frischer Wind. Die Themen werden in Gruppen diskutiert. Zwei oder dreimal sollen die Teilnehmenden am Morgen die Gruppen wechseln. Die Themen, die am meisten interessierten, werden am Nachmittag nochmals vertieft. Auf der Diskussions- Agenda stehen bereits die Taufe, Konfirmation, Hochzeit und der Todesfall. Beispielsweise wird nachgefragt, welche Formen von Taufe oder Hochzeit heutzutage gewünscht werden, unter welchen Voraussetzungen sich wieder mehr Mitglieder engagieren. Ebenso werden die Bildungs-, Unterrichts- oder Jugendangebote unter die Lupe genommen.

«Der Dialog soll uns ein Stimmungsbild geben, das in eine Absichtserklärung für das Verfassen der Kirchenordnung als Gesetzestext einfliesst», sagt Lilian Bachmann. «Ziel ist, dass das Ergebnis von allen Beteiligten mitgetragen wird und von uns Reformierten in den politischen Prozess übernommen werden kann. So gewährleisten wir auch die Akzeptanz und die Verankerung nicht nur bei uns Reformierten, sondern in der Gesellschaft.» Zudem sei es eine Chance über Kirche zu sprechen, darüber was diese alles für Solidarität, Frieden, Gerechtigkeit und Menschlichkeit tut. «Corona hat uns gezeigt, dass Kirche insbesondere auch in der Krise gesucht wird.»

Ergebniskonferenz informiert
Im Anschluss an die Grossgruppenkonferenz ist geplant, Anfang März 2021 zwei weitere, analoge Konferenzen durchzuführen. Voraussichtlich in Sempach und in der Stadt Luzern kann man schriftlich mitwirken. Damit alle Teilnehmenden die Ergebnisse der Grossgruppenkonferenz nachvollziehen können und das weitere Vorgehen kennenlernen, soll zudem eine E-Ergebniskonferenz stattfinden. An dieser werden die Ergebnisse der E-Grossgruppenkonferenz sowie der beiden analogen Konferenzen präsentiert und mit den Teilnehmenden gemeinsam betrachtet.

Im Anschluss an den Mitwirkungsprozess werden die Ergebnisse im Gesetzesentwurf der künftigen Kirchenordnung integriert. Danach durchläuft der ausgearbeitete Gesetzesentwurf den ordentlichen politischen Prozess im Synodalrat (Exekutive), in einer Vernehmlassung und dann in der Synode (Parlament) der Evangelisch-reformierten Landeskirche des Kantons Luzern.

Carmen Schirm-Gasser

Anmeldung für die Konferenzen oder Teile davon unter: www.reflu.ch/dialog

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