Konzernverantwortung: Ein Forum für eine faire Diskussion

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29.10.2020
Die einen sind kategorisch für, die anderen strikte gegen die Konzernverantwortungsinitiative. Zwei Forums-Veranstaltungen mit prominenten Gästen sollten eine faire Diskussion ermöglichen.

Am 29. November kommt die Konzernverantwortungsinitiative KVI zur Abstimmung. Unter dem Namen «Kirche für Konzernverantwortung» unterstützen zahlreiche Kirchgemeinden, prominente Kirchenvertreter, kirchliche Werke wie das Heks, Mission21 und «Brot für alle» sowie der Rat der Evangelisch-reformierten Kirche Schweiz und die Schweizer Bischofskonferenz die Initiative, also die überwiegende Mehrheit der Schweizer Kirchenlandschaft.

Doch innerhalb der Kirche gibt es auch Gegner, die sich im «Ethik-Komitee gegen die KVI» organisiert haben, unter anderem Ulrich Knoepfel, Glarner Kirchenratspräsident und Ratsmitglied EKS, zusammen mit etlichen Pfarrpersonen, Synodalen, Kirchenpflegern und Theologen. Dazwischen scheint sich ein tiefer Graben aufzutun. «Die Diskussion um die KVI wird nicht besonders breit geführt. Entweder man ist dafür oder dagegen», stellt der Baselbieter Kirchenrat Niggi Ullrich fest. Darum beschloss der Kirchenrat der reformierten Kirche Baselland, das Patronat für zwei Forumsveranstaltungen zur KVI zu übernehmen. «Wir verstehen unser Angebot als Plattform zur Meinungsbildung und Diskussion», sagt Ullrich, «Fairness ist uns wichtig.» So steht es auch im Flyer: «Kirche im Gespräch – pro und contra, aber fair!»

Ohne Ressentiments
Es sollen keine «Ressentiments und Unversöhnlichkeit zurückbleiben». Der Kirchenrat hält es nicht für sinnvoll, die Debatte emotional aufzuladen. Man habe bei der Gestaltung des Flyers bewusst auf Bilder von traurigen Kindern in Rohstoff-Minen verzichtet, erklärt Niggi Ullrich: «Wir setzen auf Worte.» Damit beruft sich die Kirche auf ihre reformierte Tradition.

Die Gäste für das Podium sind sorgfältig gewählt. Sie seien der reformierten Kirche verbunden, sagt Niggi Ullrich. Ständerätin Maya Graf setzt sich für die KVI ein. Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter wie auch Landrat und Kirchenpfleger Marc Schinzel, die je eine der zwei Veranstaltungen bestreiten, sind dagegen.

Schon seit einiger Zeit stünden gesellschaftspolitische Themen auf der kirchlichen Agenda, von der Begrenzungsinitiative bis zur Ehe für alle, sagt Niggi Ullrich. «Es zeigt, wie nah die Kirche an der Gesellschaft ist.»

Für den Kirchenrat ist das kirchliche Engagement für die KVI darum logisch. «Die KVI gilt als wegweisender Urnengang für das zukünftige Selbstverständnis der Schweiz bezüglich Verantwortlichkeit, Sorgfalt und Glaubwürdigkeit im Umgang mit Ressourcen und Geschäftsgebaren von Schweizer Firmen im Ausland», heisst es im Veranstaltungs-Flyer.

Keine Parolen
Auch der Kirchenrat der reformierten Kirche Baselland spricht sich für die KVI aus. «Wir verstehen das nicht als Verordnung von oben», betont Niggi Ullrich. An den Forumsveranstaltungen werden keine Parolen gefasst, sondern eine unparteiliche Meinungsbildung angestrebt. «Wir wollen uns nicht nur als kirchliches, sondern auch als zivilgesellschaftliches Forum verstehen», sagt Ullrich.

Als öffentlich-rechtlich anerkannte Institution mit demokratischer Struktur sieht sich die Baselbieter Kantonalkirche hier in der Pflicht. «Wir müssen wichtige gesellschaftspolitische Themen breit diskutieren», so Ullrich. Kirche dürfe sich nicht im Verborgenen abspielen. «Wir wollen mehr sein als eine Kirche der Vertrauten und des Lagerfeuers.» Dies komme auch in der neuen Kirchenverfassung zum Ausdruck und habe der Kirchenrat bereits mit seiner Stellungnahme zur Teilrevision des Baselbieter Sozialhilfegesetzes gezeigt.

Gesellschaftsdebatte fördern
Der Kirche Baselland erhält pro Mitglied einen finanziellen Beitrag vom Kanton. Dazu kommen Einnahmen aus den Steuern der Unternehmen. «Wir nehmen diese Beiträge nicht unreflektiert entgegen», erklärt Niggi Ullrich. «Es bedeutet aber nicht, dass wir uns bei jedem Thema wirtschaftskonform – was immer das auch heisst – verhalten müssen. Wir möchten einen Beitrag zu einer differenzierenden und konsensualen Gesellschaftsdebatte leisten.»

Karin Müller

Aufgrund der herrschenden Corona-Situation wurden die beiden Forumsveranstaltungen abgesagt.

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