«Der Klimawandel muss Thema werden»

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25.08.2020
Christian Marti, Synodalrat der reformierten Landeskirche und Kirchgemeindepräsident von Sursee greift mit seiner Forderung ein heisses Eisen auf.

Darf oder muss die Kirche sogar zu aktuellen Themen der Gesellschaft und Politik Stellung nehmen? Für Christian Marti gehört es ganz klar zur Aufgabe der reformierten Kirche und deren Mitgliedern, Stellung zu beziehen. Er selbst hat aktiv das Thema Klimawandel aufgegriffen. «Das Motto unserer Kirche ist die Bewahrung der Schöpfung», so Christian Marti. «Es ist deshalb dringend nötig, eine Diskussion über den Klimawandel zu führen.» Er selbst hat diesen in seiner Arbeit miterlebt. 40 Jahre lang war er als Biologe und Betriebsleiter bei der Vogelwarte Sempach tätig, beobachtete und erforschte dort die heimische Vogelwelt.

Klimawandel betrifft alle Lebensbereiche
Das Ergebnis seiner Forschung: «Der Klimawandel ist real. Ein Faktum, das zur Kenntnis genommen werden sollte, auch wenn es noch von gewissen politischen Gruppierungen und teilweise in Wirtschaftskreisen negiert wird.» Der Klimawandel hat einen grösseren Einfluss, als wir denken. «Er wirkt sich nicht allein in einer Gletscherschmelze aus, sondern betrifft alle Lebensbereiche.» Natürlich könne die Kirche diesen Klimawandel nicht allein bekämpfen. Doch es sei ein Anfang gemacht, wenn sich jeder Einzelne dessen bewusst sei und in seinem eigenen Umfeld umweltfreundlich agiere.

Aktiv wurde man auch in der Kirchgemeinde in Sursee. Das Kirchenzentrum Michelsamt in Gunzwil wurde neu mit einer Solaranlage ausgestattet, eine Rasenfläche zugunsten einer Blumenwiese und einer Naturhecke aufgegeben. Christian Marti seinerseits hält erstmals im kirchlichen Umfeld Vorträge zum Thema Klimawandel.

Falsche Theorie
Als er vor 40 Jahren mit seiner Diplomarbeit über Birkhühner und Schneehühner begonnen hatte, war der Klimawandel noch kein Thema. «Im Gegenteil. Man ging davon aus, dass ein wärmeres Klima für Birk- und Schneehühner gut sein könnte. Zumal diese als reine Pflanzenfresser gerade in Wintern mit viel Schnee wenig Futter finden. Im Sommer wiederum ist es dem Nachwuchs, der frisch aus dem Ei schlüpft, vielfach zu nass und zu kalt.»

Im Laufe der Jahre stellte sich heraus, dass diese Theorie falsch war. Die Vögel passten sich wohl an die Kälte an. Nicht jedoch an die Wärme. «Je wärmer die Temperaturen sind, desto eher verlassen die Arten ihren Lebensraum und steigen höher in die Berge.»

Schneehühner verlieren ihren Lebensraum
Was wenig dramatisch klingt, ist es jedoch. Je weiter ein Tier seinen Lebensraum auf dem Berg nach oben verlagert, desto kleiner wird sein Lebensraum. Damit verliert das Schneehuhn einen grossen Teil seines Verbreitungsgebietes, wie Christian Marti im Aletschgebiet feststellen konnte. «Innert 20 Jahren ging der Bestand im unteren Bereich des Gebiets von 15 auf drei Paare zurück. Der Bestand in den oberen Bereichen nahm jedoch nicht zu. Denn diejenigen, die nach oben wandern, finden nicht unbedingt einen freien Platz, da dieser häufig schon belegt ist.»

Sein Fazit: «Man darf zwar nicht jede Veränderung in der Natur auf den Klimawandel schieben. Jedoch der Bestandsrückgang der Schneehühner ist eindeutig dem Klimawandel zuzuschreiben.» Langfristig könne dies zum Aussterben der gesamten Tierart führen.

Carmen Schirm-Gasser, kirchenbote-online

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