Bereit für Experimente

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26.05.2020
Anfang April hat Tania Oldenhage ihre Tätigkeit als Studienleiterin des Forums für Zeitfragen aufgenommen. Die in Zürich wohnhafte Theologin bringt einen beeindruckenden Erfahrungsschatz mit.

Den Start hat sich Tania Oldenhage vermutlich etwas anders vorgestellt. Nach ihrer Wahl im vergangenen Dezember konnte niemand ahnen, dass die Corona-Pandemie über einen längeren Zeitraum jegliche Veranstaltung blockieren würde. «Nun kann ich mich mit etwas mehr Zeit als erwartet gründlich in meine neuen Aufgabenfelder einarbeiten», sagt sie.

An ihrer neuen Stelle kommen Oldenhage unter anderem ihre Erfahrungen als Studienleiterin des Evangelischen Tagungs- und Studienzentrums Boldern in Männedorf zugute, wo sie zwischen 2003 und 2008 das Ressort «Theologie im gesellschaftlichen Dialog» leitete. Öffentlich bekannt wurde die promovierte Theologin vor allem als Radiopredigerin und ehemalige Sprecherin beim «Wort zum Sonntag» des Schweizer Fernsehens SRF.

Schweizerisch-deutsche Wurzeln
Aufgewachsen ist die heute 51-jährige Oldenhage in Heidelberg als Tochter eines Deutschen und einer Thunerin. Früher habe sie breites Berndeutsch mit der Mutter gesprochen, das habe sich aber mittlerweile verloren. Ihren Wohnsitz in Zürich wird die Mutter einer 14-jährigen Tochter beibehalten. «Mein Mann arbeitet als Pfarrer in einer psychiatrischen Klinik in der Nähe von Zürich, und meine Tochter möchte verständlicherweise ihren Freundeskreis nicht aufgeben.» Bei einem 50-Prozent-Pensum sei das Pendeln überhaupt kein Problem.

Distanzen zu überwinden, ist Tania Oldenhage gewohnt. Von 1992 bis 2003 lebte sie in den USA. In Philadelphia schrieb sie ihre Dissertation zur Gleichnisauslegung nach der Shoah und unterrichtete später in Ohio Bibelwissenschaften am College. Mit brisanten Gesellschaftsfragen hat sich Oldenhage in ihrer Laufbahn verschiedentlich auseinandergesetzt. Zu nennen sind die amerikanische Sklaverei und der Holocaust, wozu sie am American Baptist Seminary of the West in Berkeley (Kalifornien) einen Lehrauftrag hatte. Die Shoah war auch das Thema ihrer Habilitationsschrift im Jahr 2014 an der Universität Basel, an der sie seither als Privatdozentin Neues Testament mit Schwerpunkt Wirkungsgeschichte unterrichtet. Sie engagierte sich zudem im Leitungsteam des Netzwerks Geschlechterbewusste Theologie (NGT) und im Europäischen Projekt für Interreligiöses Lernen (EPIL). Seit 2005 ist sie zudem Redaktorin der feministisch-theologischen Zeitschrift «FAMA».

Zehn Jahre im Gemeindepfarramt seien eine gute Zeit, erklärt Tania Oldenhage. «Es hat mich gereizt, mich beim Forum für Zeitfragen nochmals intensiv mit zentralen gesellschaftlichen Fragen zu befassen. Ausserdem freue ich mich auf die Stadt Basel, in der ich aufgrund meiner Lehrtätigkeit bereits viele Kontakte habe.» Sie habe den Eindruck, dass das Forum für Zeitfragen mutig und bereit sei für Experimente. «Derzeit interessiert mich die Frage, wie man weg von traditionellen Veranstaltungen hin zu neuen Formen kommen kann, um die Leute ins Gespräch zu bringen.»

Migration und Klimaschutz
Inhaltlich werde sie bestimmt an vieles anknüpfen. Im Rahmen des Projekts «religionen_lokal» konnte sie über die Videoplattform Zoom bereits in das interreligiöse Gespräch einsteigen. Ebenso wichtig findet sie feministisch-theologische Beiträge zur Migration, zum Klimaschutz und zur Care-Arbeit. «Wie positioniert sich die christliche Theologie zu den Themen und wie können diese aufgegriffen werden, damit sich etwas in den Köpfen und Institutionen bewegt? »

Derzeit steht das Forum unter Spardruck. Die ungewisse Zukunft des Forums hat Oldenhage jedoch nicht abgeschreckt. Sie sei beeindruckt, dass das Forum auf Inhalte setzt, solange dies möglich ist. «Es geht beim Forum nicht um den Erhalt von Strukturen, sondern um die Inhalte», erklärt Oldenhage. Und daraus will sie in Zukunft das Beste machen.

Toni Schürmann

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