Corona-Virus: Gemeinschaft trotz Distanz

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26.03.2020
In zwei Wochen ist Ostern, die Konfirmationen stehen an, und das Corona-Virus ist weiter auf dem Vormarsch. Der Bundesrat hat die Notlage ausgerufen. Gottesdienste finden nicht mehr statt. Doch das kirchliche Leben steht nicht still.

Das Corona-Virus hat die Menschen und die Kirchen weltweit im Griff. Schon vor Wochen rief Papst Franziskus die Gläubigen auf, den Messen fernzubleiben. Italien feiert keine Gottesdienste mehr. Der Vatikan stellte auf den digitalen Segen um. Als der Bundesrat die ersten Massnahmen erliess, zog die Evangelisch-reformierte Kirche Schweiz EKS nach. Sie forderte die Kirchgemeinden auf, beim Gottesdienst auf die Gesundheit der Teilnehmenden zu achten. Denn diese gehören, da meist älter, zur Risikogruppe. Kein Händeschütteln, kein Friedensgruss, die Besucher sollen weit auseinandersitzen. Türklinken und Räume müssen desinfiziert werden. Die EKS empfiehlt, für besorgte und erkrankte Gemeindemitglieder eine SeelsorgeHotline einzurichten. Besonders gefährdete Personen sollen zu Hause bleiben und die Gottesdienste via Fernsehen oder Radio verfolgen.

Mittlerweile hat der Bundesrat die Notlage erklärt und die Massnahmen verschärft. Gottesdienste sind bis zum 19. April verboten, also auch an Ostern. «Das Osterfest wird dieses Jahr unter den erschwerten Bedingungen stattfinden», so die EKS. Man erarbeitet    derzeit unter dem Titel «Lichtblick Ostern» Angebote, um die traditionellen Osterfeiern zu ersetzen. «Im Mittelpunkt steht der Gedanke, Lichtblicken und Momenten der Hoffnung Raum zu geben.»

Nur noch Beerdigungen
Auch die Kirchgemeinden werden von den Ereignissen überrollt. Sie sind daran, die Massnahmen umzusetzen. «Abgesagt» ist das Wort der Stunde. Nach und nach werden alle Veranstaltungen aus der Agenda gestrichen. Es gelte, «die Kirchgemeindemitglieder und Mitarbeitenden vor Ansteckung zu schützen und gleichzeitig darauf zu achten, dass sie ihrerseits nicht zur Weiterverbreitung der Krankheit beitragen», schreibt die reformierte Kirche Baselland auf ihrer Website und betont gleichzeitig, dass die Seelsorge als unverzichtbare Dienstleistung aufrechterhalten bleibt: «Der Seelsorge und Begleitung der Kirchenmitglieder und der Bevölkerung in dieser schwierigen Situation gilt grosse Beachtung.» 

Auch Beerdigungen sind weiterhin erlaubt, allerdings «nur im engen Kreis und, wenn immer möglich, nur noch auf dem Friedhof». Gottesdienste hingegen finden bis zum 30. April keine mehr statt. Das sonntägliche Einläuten des Gottesdienstes mit den Kirchenglocken könne im Sinne einer «Versammlung im Geiste» beibehalten werden, so der Kirchenrat. Auf aussergewöhnliches Glockenläuten sei jedoch zu verzichten.

Konfirmationen im Spätsommer
Taufen und Hochzeiten müssen verschoben werden. Die Konfirmationen finden frühestens nach den Schulsommerferien statt. «Wie können wir Gemeinschaft leben auf Distanz?», dies sei jetzt die grosse Frage, sagt Stephanie Krieger, Leiterin der Fachstelle Kommunikation der Baselbieter Kirche. Es seien «kreative Lösungen und mutmachende Ideen gefragt, um unsere Mitglieder und die ganze Baselbieter Bevölkerung zu unterstützen und zu begleiten», schreibt der Kirchenrat. Kirchenratspräsident Christoph Herrmann ruft zudem dazu auf, mit einer Kerze vor dem Fenster ein Zeichen der Verbundenheit und Gemeinschaft zu setzen (siehe untenstehenden Aufruf).

Kirchen bleiben offen
Trotz der Versammlungsverbote sollen die Baselbieter Kirchen offen bleiben, «um den Menschen die persönliche Andacht weiterhin zu ermöglichen», empfiehlt der Kirchenrat. Dies habe der Bundesrat explizit erwähnt und zeuge von einem grossen Vertrauensbeweis gegenüber den Kirchen. Die Hygienemassnahmen müssten jedoch strikte eingehalten werden. Der Kirchenrat rät den Kirchgemeinden, auch den politischen Gemeinden ihre Dienste und ihre Unterstützung anzubieten.

Ideen aus den Kirchgemeinden
Die Kirchgemeinden bieten auf ihren Websites praktische Hilfe für Menschen, die zu den Risikogruppen gehören. Sie fordern die Gemeindemitglieder auf, sich telefonisch oder per E-Mail an die Seelsorger zu wenden, falls sie mit jemandem sprechen möchten. Manche künden für Karfreitag und Ostern Online-Gottesdienste an, andere haben bereits Gottesdienste aufgenommen oder planen einen Livestream einzurichten und schicken die Predigten sowie von den Pfarrerinnen und Pfarrern verfasste Bibelworte, Gedanken und Gebete per E-Mail oder per Brief ins Haus. 

Die Kirchgemeinden haben gerade angefangen, sich auf das Leben mit dem Corona-Virus einzustellen. Die Kantonalkirche möchte die Ideen zum Thema «Kirche sein auf Distanz» auf ihrer Website sammeln und allen zugänglich machen. Denn «in dieser herausfordernden Zeit sind kreative Lösungen und mutmachende Ideen gefragt, um unsere Mitglieder und die ganze Baselbieter Bevölkerung zu unterstützen und zu begleiten. Wir bauen auf unsere starke Gemeinschaft.»

Predigerkirche umfunktioniert
Eine temporäre Umnutzung erfuhr die Basler Predigerkirche. Sie dient als Notfallaufnahme für Corona-Verdachtsfälle. Man habe schon lange einen Beitrag zum Wohl der Stadtgesellschaft leisten wollen, erklärt Michael Bangert, Pfarrer der Christkatholischen Kirche Basel-Stadt. Dies sei jetzt ein konkreter Beitrag zur Entlastung des Spitals. «Die Predigerkirche liegt unmittelbar neben dem Universitätsspital. Zudem ist die Luftfeuchtigkeit aufgrund der Bodenheizung aus-sergewöhnlich gering. Das ist schlecht für die Orgeln, aber gut für die Eindämmung des Virus», sagt Bangert. Vorläufig seien die Gottesdienste ins Gemeindehaus verlegt worden.

Karin Müller, März 2020

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