«Letzte Hilfe»: Wissen, wie man Sterbende begleitet

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02.03.2020
Wie kann man Sterbenden die letzten Stunden erleichtern? Ein «Letzte Hilfe»-Kurs bietet Anleitung. Der Kirchenbote hat einen solchen besucht.

Mit dem Tod und dem Sterben befasst Mann sich in aller Regel nur ungern. Woody Allen witzelte darüber: «Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich möchte bloss nicht dabei sein, wenn es passiert.» Bezeichnenderweise fanden sich unlängst rund zwanzig Frauen und nur gerade ein Mann zum Kurs «Letzte Hilfe» im Kirchgemeindehaus Oekolampad ein. Zur Motivation gefragt, erklärten die meisten der Teilnehmenden, dass sie nicht unbeholfen sein möchten, wenn sie ihre Angehörigen auf dem letzten Lebensabschnitt begleiten müssten.

Es geht nicht ums eigene Sterben
Kursleiterin und Spitalseelsorgerin Dorothee Dieterich stellte eingangs klar, dass im Kurs nicht das eigene Sterben, sondern das der anderen im Mittelpunkt stehe, und das sei mit-unter aufwendig. «Schwerkranke beim Sterbeprozess zu begleiten, erfordert viel Zeit und Geduld», gab Dieterich zu bedenken.
Genügend Zeit dürfe und solle man sich auch nehmen, wenn der Tod zu Hause eintritt. «Sie müssen nicht sofort einen Arzt anrufen, der den Tod bestätigt. Es gibt keine zeitliche Verpflichtung. Das gilt im Übrigen auch für Bestattungsunternehmen.»

Zeit ist wichtig
Co-Kursleiter Klaus Bally, ehemaliger Hausarzt und Dozent für Palliative Care an der Universität Basel, bestätigte aus seiner Berufspraxis, dass der Aspekt «Zeit» zentral sei. «Heute möchten die Leute von den Ärzten am liebsten im Voraus den genauen Todeszeitpunkt des schwerkranken Ange-hörigen wissen, damit sie ihre nächsten Termine planen können.» Man müsse sich aber im Klaren sein, dass die Voraussage des Todes bei einem Sterbenden für einen Arzt schwierig sei. Es gebe beim Sterben sehr unterschiedliche Verläufe, es komme auch vor, dass Menschen erst dann sterben möchten, wenn niemand anwesend ist.

«Sterbende wollen in ihren Bedürfnissen ernst genommen werden, man kann ihnen viel Gutes tun», sagte Bally. Es brauche wenig, um das Leiden eines Sterbenden zu lindern. «Vieles kann gemacht werden ohne medizinische Ausbildung», so Bally. Meist gehe es darum, für den Sterbenden da zu sein, ihm die Hand zu halten, ihm je nach Wunsch vertraute Musik vorzuspielen und vor allem Zeit für ihn zu haben.

Sterben kann man nicht üben
Das Sterben sei ein langer Prozess. Fast alle schwerkranken Patienten lebten auf zwei Ebenen, sagt Pfarrerin Dorothee Dieterich. «Auf der realistischen Ebene ist ihnen bewusst, dass sie nicht mehr lange zu leben haben. Auf der anderen Ebene sind sie mit dem Leben verbunden. Wohlwissend, dass sie den nächsten Winter nicht mehr erleben, erzählen sie von ihren schönen Erlebnissen und ihren nächsten Projekten.» Im Umgang mit Sterben, Tod und Trauern seien wir alle unsicher, ist Dieterich überzeugt. Schliesslich könne man sterben nicht üben. Von Marc Aurel ist der Satz überliefert: «Der Tod lächelt uns alle an, das einzige, was man machen kann, ist zurückzulächeln.» Ein pragmatischer Ansatz, findet Klaus Bally.

Toni Schürmann, März 2020

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