Engagiert für die Frauen und Indonesien

min
30.01.2020
Sie galt als «Grand Old Lady» der feministischen Theologie und setzte sich für die Rechte der Frauen in In­donesien ein. Im Dezember ist Marie-Claire Barth gestorben.

Marie-Claire Frommel kam 1927 in Genf zur Welt und wuchs in der Cal­vinstadt und in Zürich mit zwei jüngeren Geschwistern auf. Zu Hause wurde französisch und schweizerdeutsch gesprochen. Frommel studierte reformierte Theologie und wurde 1955 ordiniert. Für die Basler Mission reiste sie mit 29 Jahren erstmals in die indonesische Hauptstadt Jakarta, wo sie sich als Studiensekretärin der indonesischen christlichen Studentenbewegung engagierte und insgesamt neun Jahre verbrachte. Als Dozentin für das Alte Testament bildete sie Generationen von indonesischen Theologinnen und Theologen aus und machte sich für die Rechte von Frauen an der kirchlichen Basis stark. In Indonesien lernte sie Christoph Barth kennen, den Sohn des Theologen Karl Barth. An Weihnachten 1957 gaben sich Marie-Claire Frommel und Christoph Barth in Jakarta das Jawort. Gemeinsam hatten sie vier Kinder.

Lebensthema Indonesien
Nach ihrer Rückkehr nach Europa Mitte der 1960er-Jahre lebte die Familie zunächst in Mainz und ab 1979 in Basel. Den Bezug zu Indonesien verlor Marie-Claire Barth-Frommel aber nie. Sie blieb mit dem Land, seinen Menschen und insbesondere der evangelischen Kirche in Kalimantan (Borneo) zeitlebens verbunden. Sie engagierte sich als Beraterin für die indonesische christliche Gemeinschaft in Südwestdeutschland sowie für die indonesische Krankenpflegevereinigung.
Von 1980 bis 1983 war Barth-From­mel in der Leitung der Basler Mission sowie als Pfarrerin der Reformierten Stephanus-Gemeinde in Basel tätig. Nach dem Tod ihres Ehemanns 1986 reiste sie erneut nach Indonesien. Als Theologiedozentin lehrte sie an verschiedenen Universitäten und war in der kirchlichen Frauenarbeit aktiv. Sie verfasste zahlreiche wissenschaftliche Kommentare zum Alten Testament in indonesischer Sprache und stellte damit die theologische Lehre in diesem Fach auf eine akademische Grundlage. Insgesamt verbrachte sie rund zwanzig mehrmonatige Arbeitsaufenthalte in Indonesien. Zuletzt feierte sie dort ihren neunzigsten Geburtstag. 2018 veröffentlichte sie zusammen mit ihrem Sohn, dem Psychoanalytiker Daniel Barth, unter dem Titel «Ich gebe auf und tröste mich» ein Buch über das Leiden Hiobs.

Ehrendoktorwürde der Universität Basel
«Ihre theologische Expertise als Alttestamentlerin und in feministischen Ansätzen, ihre Gabe, unabhängig, kritisch und frei zu denken, ihre Kunst, ihre Theologie mit den Kontexten, in denen die Menschen, insbesondere die Frauen, in Indonesien leben, zu verbinden und aus ihren Erfahrungen heraus wieder neue Diskurse zu schaffen, hat Generationen von jungen und älteren Frauen und Männern in den Kirchen und theologischen Institutionen stark geprägt», sagte Katharina Gfeller, Programmverantwortliche für Indonesien und Sabah bei Mission 21, an der Abdankungsfeier Anfang Januar in der Basler Peterskirche. Marie-Claire Barths Sorge habe auch ganz konkret Studierenden aus Ostindonesien aus armen Verhältnissen gegolten, die aufgrund ihrer finanziellen Situation Schwierigkeiten hatten,den mit hohen Kosten verbundenen Abschluss des Studiums zu bewerkstel­ligen. «So hat sie über ihren eigenen Stipendienfonds vielen jungen Menschen in Notlagen ermöglicht, die Ausbildung abzuschliessen und in Kirche und Gesellschaft tätig zu sein», hob Katharina Gfeller an der Feier eine der Leistungen von Marie-Claire Barth-Frommel hervor.
Für ihr Engagement in der Ausbildung von Theologinnen und Theologen sowie ihren Kampf für Pazifismus und die Rechte der Frauen in Indonesien erhielt Barth-Frommel 2011 die Ehrendoktorwürde der Theologischen Fakultät der Universität Basel. Am 22. Dezember ist Marie-Claire Barth-Frommel im Alter von 92 Jahren gestorben.

Toni Schürmann / ref.ch, 30. Januar 2020

Unsere Empfehlungen

U33 und die Gretchenfrage zur Religion

U33 und die Gretchenfrage zur Religion

Pünktlich zu Ostern hat die Schweizer Illustrierte SI in Zusammenarbeit mit den Landeskirchen eine Sonderbeilage zum Thema Kirche und Jugend herausgegeben. Die SI stellt dabei die Gretchenfrage, was junge Menschen unter 33 Jahren heute mit dem christlichen Glauben und der Kirche verbindet.
Auf den Spuren des Nazareners

Auf den Spuren des Nazareners

An Ostern feiert die Christenheit die Auferstehung Jesu Christi. Die Evangelien berichten, dass Jesus aus Nazaret während dreier Jahre predigte und Wunder tat. Sein Auftritt veränderte die Geschichte der Menschheit und fasziniert bis heute. Aber wer war dieser Nazarener wirklich?
Kunstwerke als Botschafter eines bedrängten Landes

Kunstwerke als Botschafter eines bedrängten Landes

Die Ukraine kämpft um ihr Überleben. Auch die Kunst des Landes leistet ihren Beitrag dazu. Das Kunstmuseum Basel präsentiert derzeit in der Ausstellung «Born in Ukraine» eine Auswahl bedeutender Werke aus der Kyjiwer Gemäldegalerie, dem nationalen ukrainischen Kunstmuseum.
Die Offenbarung ist kein Fahrplan für den Weltuntergang

Die Offenbarung ist kein Fahrplan für den Weltuntergang

Apokalyptische Reiter verbreiten Angst und Schrecken, Tod und Teufel werden in einen Feuersee geworfen – wer das letzte Buch der Bibel liest, dem kann angst und bange werden. Coronavirus, Ukrainekrieg, Klimaerwärmung – die Offenbarung des Johannes wird auf alles Mögliche angewendet.