Wort und Musik verkündigen

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19.11.2018
Das Erbe eines der bedeutenden Schweizer Theologen rückt anlässlich seines 50. Todestages in diesem Dezember wieder in den Fokus. So auch im Thurgau.

Es gibt viele Verflechtungen mit Karl Barth und seinen Nachkommen im Thurgau. Aufgrund persönlicher Beziehungen sah sich denn auch Felix Pachlatko aus Uesslingen motiviert, einen Gedenkanlass zu organisieren. Der einstige Organist am Basler Münster und langjährige Lehrer an der Basler Musikakademie ist mit zahlreichen Nachkommen in Berührung gekommen: «In Basel hat die Theologie Barths äusserst nachhaltig gewirkt und auch früh mein Interesse geweckt.» Ein ganz besonderer Aspekt liegt in der Leidenschaft Karl Barths für die Musik, im Besonderen für diejenige von Mozart. Hierin berühren sich die Erfahrungen des Theologen und des Musikers. Pachlatko: «Die Musik kann Dinge ‹sagen›, die das Wort nicht kann. Beide, das Wort und die Musik, können auf je ihre Weise verkündigen. Barths Theologie ist für mich wegweisend, weil sie in einer unbedingten Bezogenheit auf Christus als das eine Wort Gottes gründet.» Darum steht der Gedenkabend ganz im Zeichen der Theologie von Karl Barth und der Musik von Wolfgang Amadeus Mozart – ein spezieller Auftakt zum Karl-Barth-Jahr 2019 auf Anregung des Karl-Barth-Archivs Basel.

Irrweg auch wegen Theologie
Wenn man die Bedeutung von Karl Barth erfassen will, muss man 50 Jahre vorher anfangen. 1918, am Ende des Ersten Weltkriegs, brach für viele Menschen im deutschsprachigen Raum eine Welt zusammen. Vor dem Krieg war man von einem dauerhaften wirtschaftlichen und kulturellen Fortschritt ausgegangen. Unter den namhaften Persönlichkeiten, die die Kriegspolitik unterstützt hatten, waren auch Theologieprofessoren gewesen, bei denen Karl Barth studiert hatte. Er fragte sich: Wie konnte es so weit kommen? Er kam mit anderen zum Schluss, dass der Irrweg auch etwas mit der Theologie zu tun hatte. Im 19. Jahrhundert war es üblich gewesen, die Theologie auf dem religiösen Gefühl aufzubauen. Demgegenüber betonte Barth die Souveränität Gottes: Die Bibel muss neu ernst genommen werden. Christus soll als die eine Offenbarung Gottes im Mittelpunkt stehen. Die Zeit war reif für diese Botschaft. Und die klare Orientierung an Christus und der Bibel half dann auch, während der Hitlerzeit eine klare Sicht zu behalten. Die berühmte Barmer Erklärung (1934) war Christus-Bekenntnis und Spitze gegen den Führerkult zugleich.

Heute wieder aktuell
Nach seiner unfreiwilligen Rückkehr in die Schweiz war Karl Barth bis zur Pensionierung international ein hoch angesehener Theologieprofessor in Basel. Er war gewiss kein Heiliger. Seine familiären Verhältnisse gaben und geben immer wieder zu reden, und auch seine politischen Positionierungen in der Nachkriegszeit waren nicht über alle Zweifel erhaben. Aber die theologische Neuorientierung der Zwischenkriegszeit könnte in der heutigen Zeit wieder aktuell sein: Christliche Theologie und kirchliche Angebote dürfen nicht nur eine «religiöse Wellness» zum Ziel haben, sondern müssen von Christus her denken.

(19. November 2018, Wilfried Bührer/Roman Salzmann)

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