Es geht um die Wurst

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26.07.2018
Die Rauchwurst blickt auf eine lange Tradition zurück. Bereits im Mittelalter kam sie zu besonderen Gelegenheiten auf den Teller. Und in der Schweiz löste sie die Reformation aus.

Sie verleiht den angesagten Sommer- und Grillbuffets eine rustikale Note: die Rauchwurst. Im Mittelalter kam sie bei besonderen Ereignissen als Delikatesse auf den Tisch. Auf dem Land wird sie noch heute bei besonderen Gelegenheiten gereicht: Als herzhafte Fleischvariante im Gemüse- oder Kartoffeleintopf, auf dem Holzbrett mit Brot und Käse bis hin zum Landjäger im Teig. 

Auftakt zur Reformation
Der Verzehr von Rauchwürsten hat Reformationsgeschichte geschrieben, und zwar mit dem «Zürcher Wurstessen» oder auch «Froschauer Wurstessen» am 9. März 1522. An diesem ersten Sonntag der Fastenzeit brachen Angehörige der Zürcher Ehrbarkeit im Beisein mehrerer Geistlicher im Hause des Druckers Christoph Froschauer demonstrativ das geltende Abstinenzverbot, indem sie die Rauchwürste verspeisten. Auch der Reformator Huldrych Zwingli war anwesend, ass jedoch nichts von der Wurst. «Zwingli nahm das Wurstessen zum Anlass für eine Predigt und eine Schrift mit dem Titel «Von Erkiesen (Auswählen) und Fryheit der Spysen». Dies war ein Weckruf für die Reformation in Zürich», sagt Erich Bryner, Theologe und Reformationsexperte aus Schaffhausen.

Zunächst verurteilte der Rat von Zürich den Bruch des Abstinenzverbots und ordnete eine Untersuchung an. Das Vergehen löste eine öffentliche Kontroverse aus. Befürworter und Gegner der Fastengebote beschimpften und verprügelten sich, Zwingli sollte gar entführt werden.

Umso brisanter war der Entscheid des Rats als weltliche Behörde, in der Fastenfrage nur noch das gelten zu lassen, was die Bibel erlaubt oder verbietet. Ein Jahr später hob der Rat nach der ersten «Zürcher Disputation» die kirchlichen Fastengebote auf.

Ob das Wurstessen auch für die Reformation in Schaffhausen bedeutend war, ist unklar. Der Zwinglischüler Sebastian Hofmeister trug die Reformation im Frühsommer 1522 nach Schaffhausen. «Der Gedanke der christlichen Freiheit war ihm natürlich sehr wichtig, ebenso die Ablehnung der Fastengebote, weil diese nicht biblisch begründet sind», sagt Erich Bryner. «Wir verfügen aber über zu wenig schriftliche Zeugnisse von seinen Predigten, um den Einfluss des Wurstessens genauer belegen zu können».

«Kulinarische Schmankerl»
Nichts desto trotz stösst man in Schaffhausen auf die «Froschauer Wurst», und zwar auf den Reformations-Stadtführungen durch die Schaffhauser Altstadt. «In diese Führungen habe ich kulinarische Schmankerl reingepackt», sagt Stadtführer Martin Harzenmoser, der in der Gestalt des Zeitzeugen Hans Stockar die Stätten der Schaffhauser Reformation zeigt. «Eine gute Führung spricht alle Sinne an», sagt er. So bekommen die Besucherinnen und Besucher neben Weinsorten und Gebäck aus der Reformationszeit auch «Froschauer Würste» zu kosten.

Der Schaffhauser Metzger Stephan Peter stellt die «Froschauer Wurst» her. Es handelt sich dabei um eine sogenannte «Rohwurst». «Im Mittelalter hatte man die technischen Möglichkeiten nicht, um feinere Würste herzustellen», sagt er und erklärt, dass man für die heutigen Brühwürste wie etwa die Bratwurst ganz feines Brät verwendet, das maschinell verarbeitet wird. In der Reformationszeit habe man das Fleisch auf einem Holzblock mit dem Wiegemesser zerkleinert. Das Fleisch, eine Mischung aus Schweinefleisch und Rindfleisch, sei dann mit Wein gewürzt, in Gedärme abgefüllt und schliesslich geräuchert worden. «Die Froschauer Wurst ist die Variante eines Räucherwürstchens in der Art eines Bauernschübligs oder Landjägers», sagt der Metzgermeister.

Adriana Schneider, kirchenbote-online.ch, 26. Juli 2018

Stadtführungen zum Wurstessen während der Reformation gibt es auch in Zürich: www.hutzl-ronge.ch

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