Im Glarnerland zur Ruhe gekommen

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28.05.2018
Sasi Subramaniam und seine Frau Sunethra stammen aus Sri Lanka. Vor zehn Jahren flüchteten sie in die Schweiz. Sie haben – unterdessen eine Familie mit zwei Kindern – im Glarnerland ihre neue Heimat gefunden. Sie sind Vorzeigeflüchtlinge, die bestens integriert sind. Und dankbar.

Im Mehrfamilienhaus an der Oberrütelistrasse in Mollis bewohnt die Familie im obersten Stock eine geräumige Dachstockwohnung. Hier fühlt sie sich wohl. Es ist die vorläufig letzte Etappe einer langen Odyssee: vom Wohnheim Rain über das Auffangzentrum in Linthal nach Rüti, Näfels, dann mehrere Wohnungswechsel in Mollis. Sie sind zur Ruhe gekommen, auch wenn es am Anfang schwierig war, mit dem Wechsel in ein neues unbekanntes Land, einer unbekannten Sprache, der ungewohnten Mentalität sowie einem anderen Glauben heimisch zu werden.

Beide machten von Angeboten Gebrauch, die deutsche Sprache zu erlernen. Heute kann man sich bestens mit ihnen unterhalten. Untereinander spricht die Familie singhalesisch; zu dieser gehören die Kinder Anuk, der Erstklässler, und Sanjali, die demnächst den Kindergarten besucht. Diese wechseln von ihrer Muttersprache mühelos ins Deutsche. 

Kamera anstatt TV

Die heute 43-jährige Sunethra arbeitete 13 Jahre lang als Journalistin für eine bedeutende Zeitung und schrieb viel über Politik. 
Ausserdem engagierte sie sich im Bereich Menschenrechte. Im Jahr 2007 wurde sie sogar zur besten Journalistin des Landes nominiert. Ihr um ein Jahr älterer Mann war in leitender Stellung im Fernsehen tätig. «Ich war nicht an der Front wie meine Frau», erklärt er.

Doch auf dem Höhepunkt des Bürgerkrieges wird die Situation für das engagierte Ehepaar gefährlich. Schliesslich bleibt nur die Flucht: Sie bemühen sich um ein Visum und gelangen in die Schweiz.

Für sie ist klar, dass sie sich anpassen müssen, damit sie sich in der Schweiz wohl fühlen können. Sie lernen die Sprache. Um ihr Gehör zu schulen, beschliessen sie, einen Fernseher zu kaufen. Im Geschäft sieht Sasi Subramaniam eine Kamera. Er hat noch nie fotografiert, ist jedoch fasziniert. Das Ehepaar entscheidet sich für den Kauf der Kamera.

Anscheinend hat der frühere Fernsehmann das Auge für Motive. «Ich versuche mit der Kamera meine Gedanken, meine Sorgen einzufangen – es ist für mich eine Art, mich auszudrücken wie das Schreiben oder Sprechen», sagt er.

Er bekommt die Chance, für die «Südostschweiz» zu fotografieren. Immer mehr, bis er zum Bildredaktor avanciert. «Ohne den Redaktionsleiter Rolf Hösli und das ganze mittragende Team hätte ich das niemals geschafft», freut er sich.

Das Rüstzeug für seinen neuen Beruf hat er sich in Kursen angeeignet. Er hat schon in Ausstellungen mitgewirkt und dank Gaby Ferndriger vom Baeschlin an mehreren Bildbänden mitgearbeitet. Ein neues Projekt – ein gemeinsames Buch mit der Autorin Madeleine Kuhn-Baer über den Zirkus Mugg und dessen bewegte Geschichte – läuft gerade an.

Die beiden Kinder Anuk und Sanjali sind völlig selbstverständlich integriert – in der Sprache wie in den Traditionen und den Essgewohnheiten. An diesem Abend hat ihre Mutter ihnen ihre geliebte Pizza zubereitet. «Sie mögen auch Bratwurst und lieben Käse», lacht diese. Ein Wermutstropfen: «Die Kinder haben ihre Grosseltern noch nie gesehen; doch wir skypen täglich.»

Irène Hunold Straub