Wut – ein schlechter Ratgeber

min
08.12.2016
Auffällig häufig werden in letzter Zeit politische Entscheide durch Wut diktiert. In der Schweiz stand die grimmige Unzufriedenheit vieler Bürger hinter Volksinitiativen wie der Durchsetzungsinitiative.

Frustration und Unzufriedenheit vieler Bürger sind weltweit zu konstatieren. Sie erklären die Wahlerfolge von fremdenfeindli­chen Bewegungen im Ausland wie etwa Pegida, Front National oder Fidesz. Auch der Brexit und überdeut­lich die Wahl von Donald Trump verdankten sich weitgehend der «Wut im Bauch» bei vie­len Staatsbürgern.

Wut macht blind...

Ärger, Zorn und Wut sind unsere natürlichen Reaktionen, wenn wir mit Negativem kon­frontiert werden. Es sind wichtige Faktoren der Lebensbewältigung, aber auch überaus mächtige Emotionen, die unser geistiges Gleichgewicht kippen können. Wut kann einäugig oder gar blind machen, zur Selbstgerechtigkeit und zum Pessimismus verleiten. Wut raubt die Bereitschaft zur Freude und die Kreativität. Besonders wenn Ärger lange zurückgehalten wird, drohen ein Dammbruch und eine zerstörerische Flutwelle.

... und führt in die Sackgasse

Wut ist ein schlechter Ratgeber. Sie weiss zwar genau, was sie nicht will, hat aber kein positives Ziel, kein eigentliches «Wohin». Das ist ihre Schwäche. Denn: Wer nicht weiss, wohin er will, landet gewiss dort, wo er nie hin wollte.

Wut ist aber nicht einfach Schicksal, denn es gibt Wege, konstruktiv mit ihr umzugehen. Wichtig ist zunächst, sich negative Gefühle wie Ärger und Zorn ehrlich einzugestehen. Was wir klar sehen, dem können wir uns auch stellen. Dann beherrscht es uns auch nicht mehr. Wir haben wohl eine Wut, aber wir stehen sozusagen über ihr. So können wir einigermassen nüchtern sehen, wo unser Ärger berechtigt ist, und wo er zu überborden droht.

Alsdann sind wir auch frei, uns ein positives Ziel, einen anzustrebenden Wert vor Augen zu halten. Hinter jedem Ärger steht nämlich ein verletzter Wert. Bei einer Beleidigung ist die Kehrseite des Kummers das Bedürfnis nach dem Geachtetwerden. Bei einer Frustration wegen einer verlorenen Lebensmöglichkeit ist es der Wunsch nach Freiheit und Selbstbestim­mung.

Im Advent zu sich finden

Wenn es uns gelingt, konstruktiv mit den negativen Gefühlen umzugehen, kommen wir als Menschen zu uns selbst. Und wir kommen zu Gott, der uns die Augen öffnet für auf­bauende und sinnvolle Wege anstelle der Sackgasse, in die Wut mündet. Wie wärs mit einer Ad­ventsmeditation bei Kerzenlicht, in der wir uns die Inspiration für einen guten Umgang mit unseren Ärgernissen schenken lassen könnten?

Ulrich Knoepfel / 8. Dezember 2016